In dieser Woche beantwortet Silvio meine Fragen. Er ist ein leidenschaftlicher Fotograf.
In seiner Wahlheimat Ostfriesland hat er sich darauf spezialisiert, die Geschichten seiner Kunden in Bildern festzuhalten.
Seine Dienstleistungen umfassen Hochzeiten, Familienporträts, Unternehmensveranstaltungen und künstlerische Projekte. Silvio legt großen Wert auf eine vertrauensvolle Atmosphäre. Nur so lassen sich authentische Momente einfangen.
Vorstellung
Wie ist dein Name?
Ich heiße Silvio
Wo lebst du?
Ich lebe mit meiner Familie seit gut 25 Jahren in Ostfriesland.
Welche Art von Kunst/Kreativität machst du hauptsächlich?
Ich fotografiere – mittlerweile ausschließlich digital. Seit 2015 bin ich nebenberuflich als Fotograf tätig und beschäftige mich vor allem mit der Porträt- und Reportagefotografie. Menschen stehen im Mittelpunkt meiner Arbeiten, ihre Geschichten, ihre Emotionen, ihre Authentizität. Es geht mir weniger um Perfektion als darum, das Echte einzufangen – das, was zwischen den Momenten passiert.
Hast du eine formale Ausbildung absolviert, oder bist du Autodidakt:in?
Eine klassische fotografische Ausbildung, im Sinne eines Abschlusses an einer analogen Offlineschule, habe ich nicht. Ich habe mir mein Wissen über viele Jahre selbst angeeignet – naturgemäß durch Praxis, durch kreative Experimente, trial and error und natürlich durch den Austausch mit anderen. Workshops und Online-Kurse haben mir dabei geholfen, meinen Blick zu schärfen und neue Techniken zu lernen. Allerdings würde ich mich deswegen nicht als reinen Autodidakten bezeichnen, denn Lernen geschieht bei mir eher im Austausch mit anderen.
Wo kann man deine Arbeiten sehen? Hast du eine Website oder Social-Media-Profile, die du teilen möchtest?
Wer möchte, kann auf meiner Website vorbeischauen – allerdings gebe ich zu, dass ich sie nicht immer so regelmäßig aktualisiere, wie ich es wohl sollte. Naturgemäß sind meine Social-Media-Profile etwas aktueller, insbesondere auf Instagram bin ich aktiver. Dort teile ich nicht nur Teile aktueller Arbeiten, sondern auch mal ein paar Gedanken zur Fotografie und/ oder kleine Einblicke hinter die Kulissen – stay tuned
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Silvio – Foto von Alexandra Bunde 2023
Titelbild: Irina Mirja 2024 - mit im Bild: Melissa Maaß
Du bist kreativ. Warum?
Wie bist du zur Kunst gekommen? Wo hat deine kreative Reise begonnen?
Oh, da möchte ich zunächst einmal einwerfen, dass ich Kreativität nicht so sehr mit Kunst verbinde – andersherum schon eher. Für mich gehört Kreativität zum Leben dazu. Es geht um das Denken außerhalb festgelegter Bahnen, um das Finden von unkonventionellen Lösungsansätzen, bestenfalls sogar, bevor ein Problem überhaupt richtig existiert. Vielleicht hat das auch mit meiner Sozialisation in Kindheit und Jugend zu tun: Ich bin nicht in der Bundesrepublik aufgewachsen, sondern auf der anderen Seite der Mauer. Dort waren Lebenswege oft vorgezeichnet, doch gleichzeitig hat sich eine besondere Form der Kreativität entwickelt. Improvisation war essenziell – sei es im Alltag oder in der Art, wie Menschen sich ihr Leben trotz Einschränkungen in einer Mangelwirtschaft schön gemacht haben. Dieser kreative Umgang mit Herausforderungen, das gemeinsame Entwickeln von Lösungen, gerade auch an der bekannten staatlichen Überwachung vorbei, hat mich geprägt. Vermutlich war das der eigentliche Start meiner kreativen Reise.
Was inspiriert dich?
Ganz allgemein sind es zunächst wohl die Menschen. Das klingt vielleicht erstmal banal, aber tatsächlich ist es die Vielfalt menschlicher Persönlichkeiten, die mich antreibt. Auch Kunst inspiriert mich – in ganz unterschiedlichen Formen. Musik ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, egal ob es die kraftvolle Energie von P!NK ist oder die Texte von Peter Fox. Auch Fotografie selbst inspiriert mich natürlich – sei es durch großartige Fotostrecken oder durch die Werke anderer Fotografen, die neue Blickwinkel eröffnen. Architektur und Design faszinieren mich ebenfalls, besonders die klare Formsprache des Bauhauses. Ich versuche, offen für verschiedene Einflüsse zu bleiben und immer wieder für mich Neues zu entdecken.
Gibt es bestimmte Künstler:innen oder Stile, die dich beeinflussen?
Die Art, wie Peter Lindbergh mit den Menschen vor seiner Kamera umgegangen ist und wie er diese, mittlerweile ja doch recht bekannten Frauen einfach als die Menschen gezeigt hat, die sie sind statt als Modepüppchen – das hat mich sicher beeinflusst.
Foto von Silvio Maaß 2023 - 3x im Bild: Martina Ebert
Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Welche Materialien und Werkzeuge verwendest du am liebsten und warum?
lights, camera, action - that`s it.
Und ja, das beschreibt es dann wohl auch schon. Meine Werkzeuge sind die Kamera und das Licht – mein Material sind die Menschen und ihre Geschichten – und ab dann eskaliert es meist irgendwie.
Gibt es ein bestimmtes Projekt oder Werk, das dir besonders viel bedeutet?
Ja, seit einiger Zeit arbeite ich an einer längeren Fotostrecke über die Ängste von Frauen in unserer Gesellschaft. Dieses Projekt ist mir wichtig, weil es nicht nur ästhetische, sondern auch aktuelle gesellschaftliche Aspekte abbildet. Es ist oft sehr persönlich für die Frauen, die sich darauf einlassen, und es braucht viel Vertrauen, um diese leider oft exklusiv weiblichen Ängste in Bildern auszudrücken und dann auch eine Freigabe für eine Veröffentlichung zu erhalten. Manche der Protagonistinnen erzählten mir hinterher, dass das Shooting für sie auf eine Art befreiend war – das zeigt mir, wie kraftvoll Fotografie sein kann.
Ich habe mir für die Veröffentlichung bewusst keine feste Deadline gesetzt. Mir ist wichtig, dass dieses Projekt die Zeit bekommt, die es braucht, um wirklich stimmig zu werden. Dennoch bin ich mir sicher, dass ich zum einen einen Bildband für alle Modelle herausbringen und zum anderen eine Ausstellung zum Thema organisieren werde. Beides soll den Beteiligten und dem Publikum die Möglichkeit geben, sich intensiv mit den Bildern und der dahinterliegenden Thematik auseinanderzusetzen.
Foto von Lisa Dittrich 2025 - mit im Bild: Melissa Maaß
Was war die größte Herausforderung, die du als Künstler bisher überwinden musstest?
Diesen Künstlerbegriff finde ich für meine fotografische Arbeit gar nicht mal so passend, da es für mich doch eher ein kreatives Handwerk ist.
Das war dann wohl auch die Herausforderung für mich: einerseits das handwerkliche, auch und gerade im Kundenauftrag, qualitativ gut abzuliefern und gleichzeitig den kreativen Ansatz, die Bildaussage, auch kreative Fotografietechniken, alternative Perspektiven nicht aus den Augen zu verlieren und zum passenden Zeitpunkt dann auch in die Arbeit passend einzubringen. Das ist also eine Dauerherausforderung.
Wie wichtig ist dir die Verbindung und Interaktion mit anderen Künstler:innen und Kreativen?
Ich schätze den Austausch mit anderen Kreativen sehr, denn er inspiriert mich und eröffnet immer wieder neue Blickwinkel. Besonders in der Fotoszene beobachte ich derzeit einen spannenden Wandel: Die großen Messen und Netzwerk-Events wie die Photokina oder Photopia sind wirtschaftlich nicht mehr tragfähig, während kleinere, oft halbprivate Meet-ups an Bedeutung gewinnen. Diese von Fotografinnen und Fotografen, Herstellern oder Fotohändlern organisierten Treffen ermöglichen einen direkteren, persönlicheren Austausch, der oft viel intensiver und bereichernder ist.
Aber auch außerhalb der klassischen „Fotobubble“ bin ich immer wieder gerne unterwegs. Ich besuche dann Veranstaltungen, bei denen ich mit anderen Kreativen ins Gespräch kommen kann – sei es eine Lesung oder ein Poetry-Slam, eine Vernissage in der Kunsthalle oder ein Artist-Talk in der Weserburg in Bremen. Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, ergeben sich immer wieder spannende Möglichkeiten, neue Perspektiven zu entdecken und sich inspirieren zu lassen.
Natürlich spielt auch das Internet eine große Rolle. Es bietet nicht nur die Chance, Kontakte zu knüpfen, sondern auch Ideen zu teilen, sich auszutauschen und sich von kreativen Ansätzen aus aller Welt inspirieren zu lassen.
Was bedeutet Kunst für dich? Welche Rolle spielt sie in deinem Leben?
Kunst ist Leben und Leben ist Kunst. Ich glaube, jeder Mensch hat eine kreative Ader, und auch wenn sie sich nicht immer in als klassisch bezeichneter Kunst äußert, da bin ich also schon sehr bei Beuys. Für mich selbst ist Kunst in der Fotografie vor allem eine Ausdrucksform, ein Mittel, um meine Umwelt, meine Gegenwart zu reflektieren, ein Stück weit auch, um meinen Blick darauf zu dokumentieren und, wo möglich, Emotionen sichtbar zu machen.
Foto: Alexandra Bunde 2024
Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Kunst in der Gesellschaft?
Welche Aufgaben haben Künstler:innen in der Gesellschaft?
Kunst nimmt eine besondere Stellung in der Gesellschaft ein – sie ist oft sichtbarer als der einzelne Mensch und hat dadurch eine entsprechend größere Reichweite. Das bringt eine gewisse Verantwortung mit sich: Künstler:innen sollten sich bewusst sein, dass sie mit ihrer Arbeit Einfluss nehmen, ob gewollt oder ungewollt. Mir ist wichtig, dass dieser Einfluss wahrgenommen und achtsam genutzt wird.
Welche Themen sind dir wichtig?
Gibt es ein Thema oder eine Botschaft, die du in deiner Kunst transportieren möchtest?
Immer wieder sind es die Menschen – sie sind das zentrale Thema meiner Fotografie. Menschen in ihrer selbst geschaffenen, manchmal eher verursachten Umwelt. Menschen, mit ihren Stärken und Schwächen, in ihrer Diversität, aber auch in ihrer Uniformität. Menschen im Alltag, in ihren Routinen und Gewohnheiten. Menschen an Wendepunkten, an Scheidewegen oder mitten in Entscheidungen, die ihr Leben in eine neue Richtung lenken. Menschen, die sich hoffentlich bald wieder mit mehr Menschlichkeit zueinander verhalten.
Und meine Botschaft?
Ganz einfach: Lieb sein!
Foto: Alexandra Bunde 2024
Deine Chance: Werde Teil meiner Interviewreihe!
Gestaltest du selbst – mit Farben, Worten, Klängen oder auf ganz andere Weise – und hast Lust, über deinen kreativen Weg zu erzählen? Dann melde dich gern bei mir.
Ich freue mich darauf, in meiner Interview-Reihe unterschiedliche Perspektiven sichtbar zu machen und mehr darüber zu erfahren, was dich bewegt und inspiriert.
Lust auf mehr Interviews?
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