Maria Chiariello lebt ihre Kunst in vielen Facetten. Als nonverbale Bühnenfigur Ms. Italia verzaubert sie gemeinsam mit Mr. Rockalicious im Duo Mitossi das Publikum mit einer wilden Mischung aus Musik, Pantomime und Theater. Ohne Worte schafft sie es, ihre Geschichten zum Leben zu erwecken.
Neben der Bühne teilt Maria ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit anderen Künstler*innen über ihre Plattform ARTISTA. Dort geht es darum, kreative Prozesse anzustoßen und sowohl in der Kunst als auch im Beruf authentisch umzusetzen. Ihr Blog ist eine Quelle ehrlicher und inspirierender Gedanken zu Kunst und Kreativität.
Vorstellung
Wie ist dein Name?
Mein bürgerlicher Name ist Maria Chiariello. Aber psst! Auf der Bühne spielt dieser Name keine Rolle.
Welche Art von Kunst/Kreativität machst du hauptsächlich?
Hauptsächlich bin ich performative Künstlerin. Zudem schreibe ich über künstlerisch-kreatives Potenzial und berate Künstler*innen und Kunstinteressierte. Und dann gibt es noch diverse andere Dinge, mit denen ich gern herumexperimentiere: z.B. Fotografie und Digitalkunst.
Hast du eine formale Ausbildung absolviert oder bist du Autodidakt?
Ich bin Autodidaktin. Meine künstlerische Reise begann 2011. Seitdem bin ich konstant daran, mich künstlerisch (weiter-) zu entwickeln.
Wo kann man deine Arbeiten sehen? Hast du eine Website oder Social-Media-Profile, die du teilen möchtest?
Gerne kann man sich auf Instagram ein Bild meiner wichtigsten Bühnenfigur „Ms. Italia“ machen. Wer sich für mich als Person und Kunstmentorin interessiert, der schaut gerne auf ARTISTA vorbei. Dort findet man alles zu meinen vielfältigen Projekten.
Du bist kreativ. Warum?
Ich denke, kreativ bin ich schon mein ganzes Leben. Lange Zeit wusste ich aber nicht so recht, dass ich es überhaupt bin und was ich damit konkret anfangen sollte. Ich wusste nur, dass ich irgendwie anders an Dinge heranging als andere, mir mehr Gedanken machte, viel hinterfragte und mich nie sonderlich wohl in der „Norm“ fühlte. Einen Kanal für dieses „Anderssein“ hatte ich damals nicht. Ich hab lange gebraucht, um meine Kreativität wirklich auszuleben und etwas daraus zu machen. Erst 2014 begann ich mich selbst als Künstlerin zu bezeichnen. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Kreativität und künstlerischer Ausdruck das Schönste ist, was wir Menschen haben. Es bedeutet für mich Selbstverwirklichung.
Was inspiriert dich?
Menschen! Ich liebe die verschiedenen persönlichen Geschichten und Werdegänge von Menschen. Vor allem, wenn diese sich ihre Träume bewahren und es wagen, daran zu arbeiten. Darüber hinaus liebe ich das Reisen. Neue Orte sind ebenfalls eine wichtige Inspirationsquelle für mich.
Gibt es bestimmte Künstler:innen oder Stile, die dich beeinflussen?
Ich bin ein großer Fan von Marcel Marceau und Charlie Chaplin. Aber auch Freddy Mercury ist ein mega Vorbild. Ich mag starke, selbstbewusste Bühnenperformances.
Persönlich sprenge ich gerne Kontexte und Genre. Daher bedient sich meine Bühnenfigur „Ms. Italia“ bewusst verschiedenster Stile und Einflüsse. Filmfiguren sind eine weitere spannende Inspirationsquelle für mich.
Die Hauptinspiration für meine Figur z.B. ist ein moderner Harlekin. Ich denke ein bisschen was von „Harley Quinn“ erkennt man optisch auch in Ms. Italia. Dann sind da noch Punk-Rock-Elemente und natürlich mein eigener Stil.
Wenn wir das Genre betrachten, dann siedelt sich mein Spiel am ehesten im physischen Theater als Pantomime an. Aber nicht nur; auch Clownerie & visuelle Komik spielen eine tragende Rolle. Es ist eine wilde Mischung. Und genau das soll es auch sein.
Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Puh, das ist keine leichte Frage. Da ich keine Solokünstlerin bin, sondern einem Showduo angehöre, besteht ein Großteil meines (bzw. unseres) kreativen Prozesses darin, gemeinsam an neuen Ideen zu arbeiten. Häufig sitzen mein Projektpartner und ich stundenlang zusammen und reden, lassen Ideen fließen und spinnen einfach herum. Dann werden diese Ideen ausprobiert. Fühlen sie sich gut an, dann werden sie weiterverfolgt. Fühlen sie sich doof an, dann werden sie verworfen. Es ist ein konstantes Trial-and-Error, bis sich eine grobe Struktur herauskristallisiert. Neben den Fragen „was gefällt uns/mir und worauf haben wir Bock?“, kommt natürlich immer auch ein „wird das dem Publikum Freude machen?“ dazu. Manchmal haben wir innerhalb kürzester Zeit eine Idee für eine komplette Nummer. Manchmal dauert es ewig und wir haben nur lose Ansätze, die nicht so recht zusammenpassen. Bis man eine finale Show hat, kann es Monate dauern. Und das heißt noch lange nicht, dass sie dann auch gut wird… Richtig gut wird man erst auf der Bühne. Dafür bedarf es einige Auftritte. Nach jedem Auftritt wird evaluiert, was gut und was nicht so gut lief und so feilt man letztlich Stück für Stück an einer Show.
Und dann ist da natürlich noch die Arbeit, die jeder für sich hat. Die fortlaufende Arbeit an der Bühnenfigur. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht darüber nachdenke, wie ich Ms. Italia perfektionieren kann. Angefangen beim Kostüm und aufgehört bei Bewegungen, Gestik und Mimik. Es gibt immer etwas, was ich hinzufügen kann, um eine Nummer besser zu machen. Was mir dabei über die Zeit immer wichtiger geworden ist: mit mir selbst im Einklang sein. Es gibt nichts Schlimmeres, als auf der Bühne zu stehen und sich unwohl (unverbunden) zu fühlen. Damit baust du keine authentische Verbindung zu deinem Publikum auf. Daher nimmt dieser Teil in meinem kreativen Prozess aktuell den größten Anteil ein. Es ist mehr innere als äußere Arbeit.
Gibt es ein bestimmtes Projekt oder Werk, das dir besonders viel bedeutet?
Definitiv stellt meine Showfigur Ms. Italia die wichtigste und herausforderndste Aufgabe für mich dar. Ich hab in der Vergangenheit viele Rollen verkörpert und in vielen verschiedenen Theaterstücken mitgespielt. Aber das Spielen einer Rolle und das Entwickeln eines ganz eigenen Charakters sind zwei verschiedene Dinge. Ich denke, Ms. Italia ist für mich so bedeutsam, weil ich versuche, wirklich alles hineinzubringen, was mich ausmacht und beschäftigt. Ms. Italia ist facettenreich, hat Tiefe und eine eigene Geschichte. Daher ist sie meine persönlichste Rolle.
Was war die größte Herausforderung, die du als Künstler bisher überwinden musstest?
Ich denke eine der größten Herausforderung, die ich hatte, war die, dass ich besonders in den Anfangsjahren eher für mich und nicht wirklich für das Publikum spielte. Künstler*innen haben alle Eigeninteressen und künstlerischen Anspruch, unser Ego will auch mitreden, das ist vollkommen okay. Aber bei mir war es lange Zeit so, dass ich mir die Anerkennung so sehr gewünscht habe, dass ich dabei den Kern aus den Augen verloren habe. In dem Moment einer Darbietung geht es in erster Linie nicht mehr um mich, sondern um die Menschen, die mir zuschauen. Wenn man das verinnerlicht, dann ändert das die gesamte Atmosphäre. Aber der Weg dorthin ist schwer.
Wie wichtig ist dir die Verbindung und Interaktion mit anderen Künstler:innen und Kreativen?
Ich war noch nie Freund von Konkurrenzkämpfen unter Kreativen. Leider habe ich dahingehend allerdings ein paar unschöne Erfahrungen gemacht. Es gibt viel Missgunst unter Künstler*innen.
Mir selbst ist Kollegialität und Zusammenarbeit sehr wichtig. Konkurrenzdenken habe ich keines. Aus diesem Grund habe ich mich 2020 entschieden, Mentoring und Unterstützung für angehende Künstler*innen anzubieten. Ich finde es schön, wenn andere von mir lernen können. Daher teile ich z.B. auch gern mein Wissen auf meinem Blog. Für die Zukunft ist sogar eine interdisziplinäre Community zwischen Künstler*innen und (nicht kreativen) Unternehmer*innen geplant, um eine Brücke zwischen „Kunst und Wirtschaft“ zu bauen.
Was bedeutet Kunst für dich? Welche Rolle spielt sie in deinem Leben?
Kunst ist für mich extrem wichtig. Sie ist Teil meiner Identität, daher ist sie für mein Leben essenziell. Ich sage immer gern „ich denke künstlerisch“. Da ich mich schon immer für die analytische Seite der Kunst interessiert habe – sprich Fragen wie „Was macht künstlerische Herangehensweisen so besonders?“, „Welche Potenziale haben Künstler*innen?“, „Was kann die Welt von Künstler*innen lernen?“, „Wie könnte die Wirtschaft von künstlerischen Herangehensweisen profitieren?“, mich faszinieren – hab ich irgendwann angefangen meine Erkenntnisse auf meinem Blog zu teilen. Ich schreibe regelmäßig und sende monatlich einen Newsletter zur Thematik. Seit ein paar Jahren ist diese Art der Arbeit zu einem zweiten, wichtigen Tätigkeitsfeld neben der rein künstlerischen Arbeit für mich geworden. Diese Sparte findet unter dem Namen ARTISTA statt, unter dem mich die meisten auch von den sozialen Medien eher kennen.
Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Kunst in der Gesellschaft?
Welche Aufgaben haben Künstler:innen in der Gesellschaft?
Kunst und Kultur sind für unsere Gesellschaft essenziell.
Künstler*innen leisten durch ihre kreative Arbeit einen wichtigen Beitrag für neue Ideen und Konzepte. Künstler*innen hinterfragen, provozieren und stoßen durch ihre Arbeit an – das eröffnet neue Perspektiven und zwingt Menschen in den Diskurs. Das Gemeine ist, dass Kunst so allgegenwärtig ist, dass uns ihre Bedeutung erst wirklich bewusst wird, wenn ihre Präsenz fehlt. Ich bezeichne Kunst und Kultur gern als Rückgrat der Gesellschaft. Eine florierende Kulturlandschaft voller Vielfalt und Möglichkeiten ist Zeichen einer gesunden Gesellschaft. Fehlt Kunst in einer Gesellschaft, so ist oft das Gegenteil der Fall. Insofern: Künstler*innen sind extrem bedeutsam und wertvoll für die Gesellschaft!
Welche Themen sind dir wichtig?
Gibt es ein Thema oder eine Botschaft, die du in deiner Kunst transportieren möchtest?
Wichtig sind mir Verbindungen mit Menschen. Wenn meine Bühnenpersona es schafft, jemanden zum Lachen zu bringen oder anderweitig emotional zu berühren/ zum Denken anzuregen, dann hab ich mein Ziel erreicht.
Ich wünsche mir, dass Menschen es schaffen, über meine Liebe zur Kunst einen eigenen Zugang zu dem zu finden, was ihnen wichtig ist. Ich denke, wir sind alle auf unsere persönliche Art kreativ, haben Wünsche und Sehnsüchte. Wir streben alle danach, ein erfülltes Leben zu führen. Wenn ich Menschen über meine Figur inspirieren kann, ihren eigenen Funken zu finden, dann ist das großartig.
Nichts anderes tu’ ich, wenn ich Künstler*innen als Mentorin zur Seite stehe. Ich unterstütze sie dabei, sich weiterzuentwickeln und ihre Träume zu verwirklichen – das ist meine Mission.
Deine Chance: Werde Teil meiner Interviewreihe!
Wenn du selbst Künstler:in oder Kreativschaffende:r bist, ganz gleich, ob du in der Malerei, Musik, Literatur oder einer anderen Form der Kunst, und Lust hast, über deine Arbeit und deinen kreativen Prozess zu sprechen, dann melde dich gerne bei mir.
Ich freue mich darauf, in meiner Interview-Reihe die Vielfalt der kreativen Ausdrucksformen zu zeigen und von deinen Perspektiven und Erfahrungen zu lesen.
Lust auf mehr Interviews?
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