August 22, 2025

Neulich habe ich mir flüssige Zeichenkohle von Schmincke gekauft. Auf die hatte ich schon lange ein Auge geworfen und wollte sie unbedingt ausprobieren. Was soll ich sagen, eine alte Liebe wurde wieder entfacht.

Kohle hat etwas Eigenwilliges, Lebendiges, Direktes. Ich liebe sie, weil sie nicht bis ins Kleinste planbar und weil sie so facettenreich ist. Hauchzart oder tiefschwarz, fast schwer. Für mich steckt in Kohle immer beides, Flüchtigkeit und Ausdruckskraft.

Vom Ruß an Felswänden bis ins Atelier

Kohle gehörte von Anfang an zum Werkzeugkasten der Künstler. Prähistorische Höhlenmaler:innen nutzten je nach Ort Materialien, die sie in der Umgebung fanden. Rot‑ und Gelbtöne entstanden aus Eisenoxiden (Ocker), schwarze Felsenmalerei aus Kohle, Ruß oder Mangan.

In Höhlen wie Chauvet in Südfrankreich bestehen viele der schwarzen Zeichnungen tatsächlich aus Holzkohle (meist Kiefer). Das lässt sich heute sogar datieren: winzige Kohlepartikel aus den Zeichnungen wurden radiokarbondatiert. Sie stammen aus einer frühen Phase der Eiszeit (Paläolithikum) und sind zwischen 37.000 und 25.000 Jahre alt.
Bei Lascaux ist das Bild gemischter: Schwarz wurde dort oft mit Manganoxiden erzeugt; Kohle kommt auch vor, ist insgesamt aber seltener.

Auch nachdem wir Menschen die Höhlen verlassen hatten, blieb Kohle ein viel genutztes Zeichenmaterial. Im alten Griechenland und Rom diente Holzkohle vor allem für Vorzeichnungen auf Holztafeln oder Putz. Plinius der Ältere erwähnt Kohle als Skizzenmaterial. Sie war einfach zu beschaffen, aber kaum für das endgültige Werk gedacht. Eher ein Werkzeug, um Linien zu setzen.

Auch in Pompeji hat man Vorzeichnungen in Kohle nachweisen können, die später überputzt oder übermalt wurden. Sogar in der Glasmalerei und Bildhauerei diente Kohle zum Vorzeichnen auf Werksteinen oder Tafeln, bevor die eigentliche Arbeit begann.

Spolvero 

In der Renaissance fand man für Kohle ein ganz neues Anwendungsgebiet. Weiterhin nutze man sie für Entwürfe und Unterzeichnungen, neu hinzu kamen aber vor allem Kartons (Vorzeichnungen in Originalgröße), die man per Spolvero  - eine Übertragungstechnik, die ab der Renaissance sehr verbreitet warauf den eigentlichen Malgrund aufbrachte.

Das Wort Spolvero kommt vom italienischen polvere = Staub. Die Künstler:innen fertigten zunächst die Kartons auf - oft aneinandergefügten Bögen - Papier an. Dann stachen sie die Konturen der Zeichnung mit einer Nadel in kurzen Abständen ein. Das gelochte Blatt legte man auf den frischen Malgrund.

Dann wurde mit einem Stoffsäckchen voller feinstem Kohlenstaub, oft gemischt mit Asche, über die Löcher getupft oder gerieben. Auf der Oberfläche blieb ein Punktmuster aus Kohle zurück – die Umrisse der Komposition.

Diese Technik erlaubte, ein Bild maßstabsgerecht zu übertragen, auch in großen Dimensionen - z. B. für Fresken in Kirchen. Außerdem konnte ein Karton mehrfach verwendet werden. Das war praktisch für Werkstätten, in denen Motive variiert oder kopiert wurden.

Michelangelo nutzte das Spolvero für Teile seiner Ausmalung der Sixtinischen Kapelle. Auch bei Raffael ist die Technik dokumentiert. Viele seiner Kartons sind bis heute erhalten, z. B. die berühmten Raffael-Kartons in London, und an einigen Fresken kann man die winzigen Kohlepunkte noch erkennen.

Leonardo da Vinci, Die Jungfrau und das Kind mit der Heiligen Anna und dem Heiligen Johannes dem Täufer, Burlington House Cartoon, National Gallery, London

Medium mit Eigenwert

Im 19. Jahrhundert emanzipiert sich die Kohle als Medium zur Ausführung des fertigen Werks. Dazu trugen auch einige technische Innovationen bei, welche die Kunst gern in ihr Repertoire aufnahm. 1799 erfand Nicolas-Louis Robert die erste Papiermaschine. Ab 1807 wurde sie durch die Brüder Fourdrinier in England marktreif gemacht.

Bis dahin hatte es nur handgeschöpftes Papier gegeben. Doch statt grober, unregelmäßiger Bögen gab es nun großformatiges, gleichmäßiges, festeres Papier, oft auch mit speziellen - rauen oder satinierten - Oberflächen. Auf rauem Papier haftete die Kohle besser, während glattere Oberflächen ein leichteres Verwischen ermöglichten. Künstler konnten dadurch bewusst mit Textur und Dichte spielen: feine Striche, gleichmäßige Flächen, tiefschwarze Sättigungen.

Auch der Knetradierer wurde im 19. Jahrhundert erfunden. Er unterschied sich grundlegend vom klassischen Radiergummi. Seinem Namen entsprechend ist der Knetradierer formbar. Je nach Bedarf kann man ihn zu einer Spitze oder Fläche kneten. Statt Material abzuschaben, nimmt er Partikel auf, wenn man ihn ins Kohlepigment drückt.

Bis dahin war Kohle vor allem Werkstattmaterial, aber im 19. Jahrhundert wurde sie selbstbewusst als Hauptmedium eingesetzt. Künstler:innen experimentierten mit allem, was Kohle konnte:

  • Tonwerte: von zartem Grau bis tiefem Schwarz.
  • Verwischungen: mit Finger, Papierwischer oder Tuch – fließende Übergänge statt harter Linien.
  • Reduktive Techniken: Zeichnen mit dem Radiergummi, Licht ins Dunkel.
  • Textur: Kohlepulver wurde gestäubt, gerieben, manchmal auch mit Wasser oder Öl gebunden, um neue Effekte zu erzielen.

In dieser Zeit veränderte sich die Stellung der Zeichnung insgesamt. Sie war nicht mehr nur „Vorarbeit“, sondern wurde als eigenständige Kunstform ernst genommen. In Kunstakademien wurde Kohle zum einem der Standardmaterialien.

Bis heute üben Studierende „Licht und Schatten“ in Kohle, gerade wegen ihrer Vielseitigkeit. Damals wie heute ist Kohle ideal für schnelle Tonwert‑ und Kompositionsstudien, Gestik und das Anlegen großer Flächen, das Denken in Licht und Schatten (Chiaroscuro), aber auch für feinste Übergänge. 

Käthe Kollwitz, Selbstbildnis im Dreiviertelprofil nach links, Albertina, Wien

Materialkunde Zeichenkohle: Schwarz in vielen Gestalten

Neben Bleistiften war Zeichenkohle eines meiner ersten Ausdrucksmittel in der Kunst. Beide sind günstig, einfach zu handhaben und fehlertolerant. Genau das macht sie zu perfekten Anfängermedien. Aber während man mit dem Bleistift sehr kontrolliert zeichnen kann, zwingt Kohle dazu, loszulassen. Sie zerfällt, sie verwischt, sie hinterlässt Spuren, die oft nicht beabsichtigt waren. Auch darin steckt ihre Ausdruckskraft.

Zeichenkohle kann wie ein Schleier auf dem Papier liegen oder eine fast körperliche Präsenz haben. Das hängt nicht zuletzt davon ab, welche Art von Kohle der/die Künstler:in verwendet. Denn es gibt sie in sehr unterschiedlichen Formen.

Diese Formen stelle ich hier vor und erkläre, wofür sie jeweils gut geeignet sind.

(Der Abschnitt enthält auch Links zu den Marken und Produkten, mit denen ich selbst arbeite. Im Laufe der Zeit habe ich viel ausprobiert. Für diese Produkte habe ich mich entschieden, ihnen vertraue ich. Bei den Links handelt es sich um Affiliate-Links – das heißt, wenn du über sie etwas kaufst, erhalte ich einen kleinen Bonus. Für dich wird es dadurch nicht teurer.)

Natürliche Zeichenkohle

Natürliche Zeichenkohle entsteht, indem dünne Zweige in einem geschlossenen Behälter (ohne Sauerstoffzufuhr) „verkohlt“ werden. Das Holz glüht bei moderater Hitze, so können die flüchtigen Bestandteile entweichen, und übrig bleibt reiner Kohlenstoff. Nach dem Abkühlen werden die Stäbchen nach Durchmesser und – je nach Hersteller – Härtegrad sortiert. Haptik und Schwärze können von Charge zu Charge leicht schwanken, da es sich um ein Naturprodukt handelt.

Lea Finke, Kohlezeichnungen

Im Prinzip lässt sich fast jedes Holz verkohlen und damit theoretisch als Zeichenkohle nutzen. Aber nicht jedes Holz eignet sich gleich gut. Sehr hartes Holz wird brüchig, zu weiches Holz zerfällt, viel Harz oder grobe Poren lassen das Holz unregelmäßig verbrennen. In der Praxis haben sich Weidenholz und Rebholz als Standard durchgesetzt, weil sie die bestmögliche Kombination aus Handhabbarkeit und Ausdruck bieten. Im Künstlerbedarf findet man kaum natürliche Zeichenkohle aus anderem Holz.

Weidenkohle ist weich und samtig. Man spürt beim Ansetzen kaum einen Widerstand. Die Tonwerte reichen von einem zarten, grauen Schleier bis zu einem satten Schwarz, auch wenn dieses selten maximal tief ist.

Rebkohle ist gröber, körniger, unregelmäßiger. Striche können dunkler sein als die bei Weidenkohle. Sie sind rauer, schwerer, teilweise lebendiger. Nimmt man den Druck raus, kann der Auftrag aber schneller ins Graue und Spröde kippen.

Beide Sorten lassen sich leicht verwischen. Mit den Fingern, einem Papierwischer oder Tuch verwandeln sich Linien schnell in Flächen. Mit einem Fensterleder ergeben sich übrigens auch sehr interessante Strukturen.

Beide Kohlen sind auch brüchig, Rebkohle noch etwas mehr als Weidenkohle. Das zwingt zu einem lockeren, gestischen Zeichnen. Man muss die Kontrolle aufgeben.

Ich halte die Kohle oft weit hinten, damit die Bewegung aus dem Arm kommt und der Strich lockerer bleibt. Für Flächen lege ich die Stäbchen seitlich auf. Während des Strichs drehe ich den Stab leicht, so wird der Abrieb gleichmäßiger verteilt.
Abgebrochene Fragmente sind kein Verlust, sondern kleine Werkzeuge mit eigener Handschrift. Deswegen breche ich mir für Linien gerne kleine Stücke ab, die frische Kanten haben. Natürliche Zeichenkohle lässt sich nämlich nicht anspitzen, dazu ist sie zu instabil. Ich verwende aber auch gern diesen Schleifstein von Nitram, ein Stück Schleifpapier tut es jedoch genau so gut.

Rebkohle ist meist etwas teurer als Weidenkohle. Das hat aber nichts mit der Qualität zu tun, sondern mit der aufwändigeren Herstellung und weil Rebstöcke weniger verfügbar sind als Weidenruten. Der Unterschied ist ohnehin nicht sehr groß.
Ich selbst verwende gerne beide Sorten. Für Luftiges, Nebel, Atmosphäre verwende ich gerne Weidenkohle, für Körperlichkeit und Schwere lieber Rebkohle. Das ist aber nur eine Vorliebe. Beide Sorten eigenen sich sowohl für das Eine als auch das Andere.

Reißkohle

Reißkohle wird aus Holz oder anderen pflanzlichen Fasern gewonnen. Diese werden verkohlt und danach zermahlen, gesiebt und teilweise weiterverarbeitet. Dazu aber später mehr.
Hier soll es um die Pulverform gehen.

Ich nutze Reißkohlepulver zum Beispiel für große Flächen und atmosphärische Hintergründe. Das Pulver lässt sich mit einem weichen Lappen, einem Wattebausch, einem Pinsel oder einfach mit den bloßen Händen auftragen und regelrecht in das Papier einmassieren.
Je nach Werkzeug entsteht eine gleichmäßige Oberfläche oder eine wolkige, lebendige Struktur. Mit dem Pulver lassen sich auch in anderen Kohlezeichnungen die Übergänge noch weicher gestalten.

Besonders spannend finde ich auch den umgekehrten Weg. Mit Knetradierer oder Radierstift, mit einem Lederstück oder einem Papierwischer lassen sich Licht und Schatten modellieren. So entsteht eine Art Negativzeichnung. Dazu habe ich weiter unten ein Video eingefügt.

Reißkohlepulver ist allerdings sehr flüchtig. Schon der kleinste Luftzug kann Spuren verwischen oder den Staub verteilen. Für Arbeiten im Freien eignet es sich daher nicht ganz so gut.
Du kannst deine Kohlearbeiten fixieren, auch die Zwischenschritte, wenn das für deine Arbeit notwendig ist. Es gibt dafür sogar spezielle Zwischenfixative.

Wichtig ist, sparsam zu arbeiten. Eine zu dicke Sprühschicht würde sich wie eine schwere Decke auf das Bild legen, die Farben verdunkeln und den Charakter der Zeichnung verändern.
Lieber in mehreren feinen Schichten sprühen, im Kreuzgang, also erst waagerecht, dann senkrecht, und mit einem Abstand von 30 bis 40 cm.
Sprüh nur so viel, dass die Oberfläche beim Berühren nicht mehr sofort verwischt – nicht mehr. Arbeiten, die eingerahmt und geschützt werden (ein Passepartout hilft Kontakt zwischen Kohle und Glas zu vermeiden), brauchen meist gar nicht fixiert zu werden.

In Kunstforen lese ich immer wieder den Tipp, man könne Kohle- und Pastellzeichnungen kostengünstig mit Haarspray fixieren. Theoretisch klappt das auch, nur ist Haarspray nicht vergilbungsfest. Wer seine Kunstwerke lange erhalten möchte, sollte daher in ein ordentliches Fixativ investieren.  

Gepresste Kohle

Wie oben schon erwähnt, kann man Reißkohlepulver noch weiterverarbeiten. Vermischt man es mit einem Bindemittel lässt es sich anschließend in Stäbchen pressen. Diese sind härter, stabiler und kontrollierbarer als natürliche Zeichenkohle.

Insgesamt sind Struktur und Schwärze regelmäßiger. Der Auftrag ist dichter und tiefdunkel. Dadurch eignet sie sich besonders für präzise Linien, harte Konturen und kräftige Schatten. Mit der Längsseite gepresster Kohle lassen sich Flächen sauber füllen und mit der Spitze Details ausarbeiten.

Gepresste Kohle lässt sich viel leichter handhaben. Man kann sie präzise anschleifen oder sogar mit einem geeigneten Spitzer anspitzen. Und man kann sauberer arbeiten, die Hände sehen nicht aus, als hätte man untertage gearbeitet und durch das Bindemittel staubt es auch nicht so sehr.

Für schnelle, atmosphärische Gesten ist sie weniger geeignet. Wenn ich mit Zerbrechlichkeit und Leichtigkeit spiele, nutze ich lieber Naturkohle. Aber wenn es um Klarheit, Kontur und Tiefe geht, greife ich gern zu gepresster Kohle.

Es gibt die Stäbchen eckig oder rund. Zwar sind die Linien mit den eckigen Stäbchen noch etwas genauer, aber es ist eher eine persönliche Wahl, was einem besser in der Hand liegt. Es gibt auch gespitzte Minen, die man solo oder mit einem Kreidehalter anwenden kann und wenn ich ein bisschen Farbe in Spiel bringen will, nutze ich auch gern die getönte Kohle von Derwent. 

Zeichenkohlestifte

Im Grunde sind Zeichenkohlestifte nichts anderes als gepresste Kohle, nur eben in Stiftform. Sie kombinieren die Bildwirkung von Kohle mit einem saubereren und kontrollierbarem Werkzeug. Es gibt sie wie typische Bleistifte im Holzmantel oder holzfrei als Vollminen. Nur ist der Abrieb im Vergleich zum Bleistift archaischer, die Farbe tiefschwarz und matt.

Kohlestifte lassen sich spitzen, liegen gut in der Hand und erlauben präzise Linien, scharfe Kanten, eng geführte Schraffuren. Der Strich bleibt schmal, die Kanten klar. Und sowohl Hände als auch das Papier bleiben staubfrei. Naja, nicht ganz. Aber doch fast.
Kohlestifte lassen sich nicht sehr gut radieren. Schlechter als natürliche Zeichenkohle oder Reißkohlepulver und erst recht nicht so rückstandsfrei wie ein Bleistift. Dennoch kann der Abrieb aufgehellt werden.

Kohlestifte sind besonders geeignet für Details, harte Kanten, zur Verdichtung und für klar geführte Schraffuren - überall da, wo man präziser und kontrollierter arbeiten will. Die meisten Stifte gibt es in weich, mittel oder hart. Durch Druck lässt sich die Intensität der Farbe variieren.
Und mit einem Papierwischer oder Tuch lassen sich die Striche verblenden.

Klassische Spitzer funktionieren, aber weiche Minen können leicht brechen. Holz-ummantelte Kohlestifte schäle ich daher erst großzügig mit einem Papiermesser und schleife sie dann mit dem Schleifstein oder Schleifpapier. Das funktioniert durchaus auch mit den Vollminenstiften. So lassen sich lange, messerscharfe Spitzen formen, mit denen man dünne, sehr feine Linien ziehen kann.

Lea Finke, Affenadler oder Philippinenadler, in Zusammenarbeit mit und nach einer Fotovorlage von der Philippine Eagle Foundation 

Flüssige Kohle

Jetzt aber endlich zu meiner neuen Errungenschaft, der flüssigen Kohle. Nitram führt auch liquid Charcoal in ihrem Programm. Diese soll eine Konsistenz wie Ölfarbe haben. Da ich sie aber selbst nicht getestet habe, bezieht sich alles, was ich hier schreibe auf die flüssige Kohle von Schmincke.

Hier ist die Konsistenz eher wie Aquarellfarbe und sie lässt sich auch so handhaben. Vielleicht ein bisschen wie granulierende Aquarellfarbe. Jedenfalls, je mehr Wasser man nimmt, desto transparenter wird die Farbe. Im nassen Zustand lassen sich die Pigmente wunderbar hin und her schieben. Andererseits bleiben die Pigmente auch mehr oder weniger dort, wohin man sie schiebt und verlaufen nicht unkontrolliert.
Natürlich kann man die Kohle auch unverdünnt mit dem Malmesser auftragen.

Getrocknet haben die Farben eine leichte Textur. Radieren kann man dann nicht sehr viel, aber die Farben lassen sich später mit Wasser wieder anlösen und so aufhellen. Für mich fühlt es sich an, als hätte jemand Kohle und Aquarell (meine beiden liebsten Medien) in einen Topf geworfen und daraus etwas geschaffen, das beides verbindet, die erdige Tiefe der Kohle und die Leichtigkeit des Aquarells.

Schmincke stellt die Kohle aus verkohlten Obstkernen aus der EU her. Sie ist vegan und folgt dem nachhaltigen Konzept, das Schmincke auch bei anderen Produkten umsetzt. Die flüssige Kohle gewann 2023 sogar die Auszeichnung: „Nachhaltiges Produkt des Jahres 2023“ beim Creative Impulse Award.

Es gibt drei verschiedene Varianten. Ich habe mir das 3er-Set gegönnt, weil ich natürlich die Unterschiede testen wollte. In der Handhabung sind alle drei Kohlen gleich. Sie unterscheiden sich nur in der Farbe. Die Kohle aus Pfirsichkernen hat einen neutral-schwarzen Farbton, die Traubenkerne verleihen der Kohle einen kühlen blauen und die Kirschkerne einen warmen rötlichen Unterton. Diese Kohle wirkt fast wie ein dunkles Umbra.

Ich freue mich sehr dieses Produkt entdeckt zu haben und die ersten Ideen, was ich damit anstellen könnte, schwirren auch schon in meinem Kopf herum.

Links: Traubenkernkohle. Rechts: Kirschkernkohle. Unten: Pfirsichkernkohle

Versuch mit Pfirsichkernkohle

Ergänzende Materialien

Statt gepresster Kohle kann man auch gut Conté-Kreide verwenden. Sie verhält sich ähnlich, ist aber härter und farbintensiver. Es gibt sie nicht nur in Schwarz, sondern in verschiedenen Grauabstufungen bis hin zu Weiß und erdigen Rot- und Brauntönen.

Apropos erdige Rottöne. Rötel ist ebenfalls einer meiner Alltime-Favorites. Im Grunde ist es nichts anderes als ein natürlich vorkommendes Eisenoxidpigment, also eine Art roter Tonstein, den man schon seit Jahrtausenden für das Zeichnen nutzt. Besonders seit der Renaissance war es immer ein beliebtes Material für Aktstudien.

Rötel funktioniert im Prinzip genau wie Kohle und es gibt sie auch in ähnlichen Formen. Als Pulver, gepresst, als Stift - nur, natürlich, nicht als verkohlter Zweig. Tatsächlich gibt es sie auch in flüssiger Form. Schmincke hat flüssige Erden herausgebracht - dem Set habe ich ebenfalls nicht widerstehen können. Es enthält Rötel, Sepia und weiße Kreide.

Wie fast immer, wenn man mit einem bestimmten Medium arbeitet, braucht man auch das ein oder andere Hilfsmittel. Welche das sind, da hat wahrscheinlich jede:r so seine/ihre Favoriten oder Geheimtipps. Im Grunde kann man fast alles verwenden, um Kohle aufzutragen oder wieder zu entfernen. Aber als Mindestausstattung würde ich Folgendes ansehen:

  • einen Knetradierer
  • etwas zum Schärfen oder Spitzen
  • etwas zum Verwischen und
  • ein Fixativ

Beim Thema Papier wird’s nochmal spannend. Es ist mindestens genauso wichtig wie die Wahl des Werkzeugs. Seine Oberfläche entscheidet darüber, wie die Kohle wirkt und fixiert. Raues Papier hat mehr Tooth, das heißt, die Kohle hat mehr Halt, die Schwärzen wirken satt, und die Struktur selbst wird Teil der Zeichnung.

Glattere Oberflächen erlauben feine, wolkigere Übergänge, geben aber weniger Tiefe in den Dunkelwerten. Mattes Papier, also mit einer leicht körnigen Oberfläche, ist ein guter Mittelweg. Es erlaubt Tiefen, gibt etwas Textur und erlaubt gutes Verwischen.
Pastellpapiere eignen sich ebenfalls gut. Sie haben oft eine raue, fast sandige Struktur – ideal für Schichtungen.

Für mich ist Aquarellpapier eine gute Wahl, auch wenn ich mit trockenen Medien arbeite. Ich mag dickeres Papier. Außerdem lässt es mir die Wahl, später doch noch mit Wasser zu arbeiten.

Lea Finke, Silverback

Mehr als Schwarz und Weiß

Zeichenkohle zwingt nicht in die Kontrolle, sie öffnet Räume für Spontaneität. Damit ist sie für mich das ideale Medium, mit dem ich mich künstlerisch ausdrücken kann. Ein Strich Kohle ist ein Gedanke auf Papier, der sich weiterentwickeln darf. Er muss nicht allein bleiben. In Kombination mit Aquarell, Kreiden oder sogar Acryl ist Kohle nochmal ganz anders wandelbar.
Mit welchen Medien kombinierst du Kohle am liebsten – oder reizt dich gerade der reine Schwarz-Weiß-Kontrast?

About the Author Lea Finke

Lea Finke ist Künstlerin mit ganzer Seele. In ihrem Blog erzählt sie von Inspiration, Leidenschaft und der Begegnung mit Kunst.

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