Juni 7, 2023

Die Welt der Kunst ist kein exklusiver Club, zu dem nur wenige Auserwählte Zugang haben. Sie ist weder Luxus noch ist sie den Privilegierten vorbehalten. Kunst begegnet uns überall. Dafür müssen wir nicht ins Museum gehen. Und doch haben auch die Alten Meister aus den Museen viel mehr mit unserer Lebensrealität zu tun, als wir manchmal meinen.

Die Grenzen zwischen Film, Musik, Mode und Kunst verschwimmen, wenn Künstler kunstvolle Inszenierungen schaffen, die direkt oder indirekt auf berühmte Gemälde verweisen. 

Kunst in der Popkultur

2018 mieteten Beyoncé und Jay-Z den gesamten Louvre, um in ihm ihr Musikvideo zu dem Song Apeshit zu drehen. Der Song enthält politische Untertöne und kritische Kommentare zur gesellschaftlichen Realität. Textzeilen wie "I can't believe we made it" können als Reaktion auf die Erfahrungen von Rassismus und Ungerechtigkeit in der Gesellschaft verstanden werden.

Beyoncé und Jay-Z nutzen ihre Kunst, um auf diese Probleme aufmerksam zu machen und eine Stimme für diejenigen zu sein, die oft marginalisiert werden. Indem sie den Louvre als Kulisse für ihr Musikvideo wählen, betreten sie symbolisch das Reich der klassischen Kunst und beanspruchen ihren Platz in einem Raum, der traditionell von "weißer" Kultur dominiert wurde. 

Wenn sich die Popkultur auf die Werke der Alten Meister bezieht, ist das wie eine Begegnung verschiedener Welten. Beide Welten befruchten sich gegenseitig. Durch die Bezugnahme auf etablierte Werke der Hochkultur wird Kunst einem viel breiteren Publikum zugänglich. Menschen, die bisher vielleicht keine Berührungspunkte mit Museen und Kunstwerken Alter Meister hatten, können Kunst und Kultur ganz neu erleben.

Mindestens genauso spannend ist der kreative Austausch zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die Popkultur kann alte Meisterwerke als Inspirationsquelle nutzen und ihnen mit neuen Elementen und Perspektiven neues Leben einhauchen. So entstehen innovative Schöpfungen, die die Kunstlandschaft bereichern.

Damit bleiben Werke der Hochkultur relevant und aktuell. Als Teil eines lebendigen kulturellen Dialogs behalten sie ihre Bedeutung für neue Generationen. Es entsteht eine Art kultureller Neugier, die zu einer tieferen Wertschätzung und einem besseren Verständnis der Werke der Hochkultur führen kann.

Malerei meets Motion Picture: Die Verbindung zwischen Kunst und Film

Die alten Meister beherrschten die Bildkomposition grandios. Sie schufen ausgewogene, ästhetisch anspruchsvolle Kompositionen. Die Prinzipien, nach denen sie arbeiteten, finden sich heute in vielen Filmen wieder, deren Regisseure, Kameraleute und Storyboarder sich bewusst auf die Lehren früherer Malerschulen beziehen. Die Platzierung von Figuren oder Objekten im Bild, die Nutzung von Linien und Perspektiven, um Tiefe und Spannung zu erzeugen, und die Schaffung eines harmonischen Gesamtbildes gehören zu den Elemente, welche die Künstler früherer Jahrhunderte und Epochen über Generationen hinweg entwickelten und nutzten.

Wie in der Malerei spielen auch beim Filmemachen Farben eine wichtige Rolle. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass Action- oder Superheldenfilme meist bunt und voller energiegeladener Farben, Thriller aber eher dunkel gehalten sind? In Romantikkomödien sind die Farben zart, je mehr der Fokus auf dem komödiantischen Anteil liegt, desto mutiger werden auch die Farben. So wie die alten Meister beeinflussen Filmemacher mit der Wahl ihre Farbpalette die Grundstimmung, die je nach Sujet unterschiedlich sein kann.

Durch den Einsatz von Licht und Schatten lässt sich eine eindringliche, heitere oder auch bedrohliche Atmosphäre schaffen. Dieses Konzept wird auch im Film verwendet, um die Stimmung einer Szene zu verstärken oder bestimmte Aspekte der Handlung hervorzuheben. Regisseure und Kameraleute studieren die Gemälde der alten Meister, um deren Techniken des Lichtspiels zu erlernen und sie in ihren eigenen Werken anzuwenden. Dadurch entsteht eine besondere visuelle Wirkung, die die emotionale Intensität der Geschichte verstärkt und dem Zuschauer ein intensiveres Erlebnis bietet.

Sowohl Filmemacher als auch alte Meister verwenden Symbole, um bestimmte Botschaften zu vermitteln oder tiefergehende Bedeutungsebenen in ihren Werken zu erzielen. So wie die Rose in American Beauty (1999). Sie repräsentiert sowohl Schönheit als auch Vergänglichkeit. Und sie zeigt die Sehnsucht der Charaktere nach etwas Bedeutsamem in ihrem oberflächlichen und unerfüllten Leben. Der Spiegel in Black Swan (2010) symbolisiert die innere Zerrissenheit der Hauptfigur Nina. Er zeigt ihre Identitätskonflikte und ihre Angst vor dem Verlust ihres Selbst.

Stanley Kubrick

Stanley Kubrick ist bekannt dafür, dass er sich immer wieder von Künstlern und Kunstwerken inspirieren lässt. Der Film Barry Lyndon von 1975 zum Beispiel ist eine Hommage an die englische Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts. Beinahe jede Einstellung erinnert an ein Gemälde von Thomas Gainsborough oder John Canstable. Beeindruckend ist übrigens, dass die Kerzenlichtszenen des Films tatsächlich ausschließlich bei Kerzenlicht gedreht wurden. Kubrick nutze eine für die NASA konzipierte Kameralinse, um das zu ermöglichen.

Die unheimliche Zwilling aus The Shinning erinnern nicht von ungefähr an das bekannte Porträt Eineiige Zwillinge, Roselle, New Jersey der Fotografin Diane Arbus. In Clockwork Orange zitiert er sogar ein Werk von Vincent van Gogh.

Kunst in der Popkultur

Clockwork Orange movie scene

Round of the prisoners of Vincent van Gogh

Faszination Kunstraub: Von Gentleman-Ganoven und raffinierten Plänen

Der Kunstraub ist im Film ein beliebtes Thema. Wenn Kunst im Kino geraubt wird, wissen wir: Der Schurke ist kein Schurke. Er ist ein Gentleman, hochgebildet, feinsinnig, weltgewandt und allen anderen überlegen. In der Regel geht es ihm nicht ums Geld. Nein, er raubt die Kunst um der Kunst willen. Manchmal auch um "einen Frevel zu sühnen", um ein gute Tat zu begehen. Jedenfalls ist der Kunstdieb im Film fast immer der Gute.

Die Serie White Collar funktioniert nach diesem Prinzip. Genauso wie die Ocean's Reihe. Im zweiten Teil soll ein Fabergé-Ei gestohlen werden - übrigens das teuerste der Fabergé-Eier. Der Diebstahl soll in der Galleria D'Arte di Roma stattfinden, die in Wirklichkeit gar nicht existiert. Die British School in Rom gibt dem erdachten Museum seine Fassade.

Für die Neuverfilmung der Thomas Crown Affäre mit Pierce Brosnan wurden mehr als 150 Meisterwerke kopiert. Geraubt wird dort das Gemälde San Giorgio Maggiore in der Dämmerung von Claude Monet. Im Film wird behauptet, es handle sich um das erste Bild des Impressionismus. Das entspricht nicht der Wahrheit. Das wäre auch seltsam, entstand das Gemälde doch 1908, während die erste Gruppenausstellung der Impressionisten bereits 1874 stattfand. Allerdings wurde die Kunstrichtung nach einem anderen Gemälde Monets benannt, nämlich nach Impression, Soleil Levant.

Im Film Hudson Hawk sollen gleich 4 Werke Leonardo da Vincis gestohlen werden. Und so geht es eigentlich immer weiter. Die Mischung aus geschickter Taktik, raffinierter Planung, überraschenden Wendungen und meist charmanten Dieben macht Kunstraub-Filme zu einem beliebten Genre. Wenn auch die Wirklichkeit nicht so glamourös ist, wenn Kunst z.B. aus Museen geraubt wird, ist die mediale Beachtung meist sehr groß. Das liegt zum Teil an der kulturellen Bedeutung und dem hohen Wert der Kunst, es hat aber auch immer diesen Hauch von Abenteuer und Geheimnis.

Einer der spektakulärsten Kunstdiebstähle der Geschichte war der Raub der Mona Lisa im Jahr 1911. Leonardo da Vincis Meisterwerk wurde von dem italienischen Handwerker Vincenzo Peruggia aus dem Louvre Museum in Paris, Frankreich gestohlen. Peruggia war früher im Louvre als Glaser tätig gewesen. Als Handwerker verkleidet betrat er das Museum durch den Angestellten-Eingang, stahl das Bild und versteckte es unter seiner Kleidung. Nachdem er eine Türklinke entfernt hatte, bat er einen vorbeikommenden Handwerker, ihm die Nebentür zu öffnen. 

Der Diebstahl der Mona Lisa erregte weltweit Aufsehen und führte zu einer intensiven internationalen Fahndung. Das Gemälde blieb jedoch über zwei Jahre lang verschwunden. Schließlich wurde Peruggia gefasst, als er versuchte, das gestohlene Meisterwerk an einen Kunsthändler in Florenz zu verkaufen. Die Mona Lisa wurde dem Louvre wieder zurückgegeben. Dieser spektakuläre Kunstraub trug zur Legendenbildung um das Gemälde bei - und zog verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in Museen weltweit nach sich.

Selbstverständlich wurde der Raub mehrfach verfilmt.

Das Kunstwerk als Darsteller

Kunst ist in Filmen nicht nur das Objekt der Begierde. Manchmal werden Kunstwerke viel subtiler eingesetzt, um die Handlung oder die Motivation der Figuren zu unterstreichen. In Notting Hill schenkt Anna William das Original eines Druckes, der in seiner Küche hängt. Die Macher des Film hätten jedes Gemälde wählen können, es hätte an der Handlung des Films nichts geändert. 

Aber sie wählten La Mariée von Marc Chagall. Es symbolisiert den Wunsch nach etwas Verlorenem. 1944 verlor Chagall seine geliebte Frau. Erst ein Jahr später begann er langsam wieder zu malen und wählte fortan häufig die Braut als Motiv. Die Sehnsucht nach etwas, das hätte sein können, ist auch der Stand der Dinge im Film zu dem Zeitpunkt, als Anna William das Bild schenkt.

Übrigens musste die Kopie von La Mariée nach Beendigung des Drehs zerstört werden, eine Bedingung des Eigentümers des Originals: Nur so durfte die Kopie überhaupt angefertigt werden.

In Skyfall treffen James Bond und der neue Q erstmals in der National Gallery aufeinander. Sie sind vor dem Gemälde The Fighting Temeraire von William Turner verabredet. Sie sprechen über die Innovation der Jugend vs. der Erfahrung des Alters in einer sich verändernden, digitalen Welt. Turners Bild, das das ruhmreiche Schlachtschiff Temeraire zeigt, welches inzwischen betagt abgewrackt wird, unterstreicht nicht nur den Inhalt ihres Gespräches. Es spiegelt auch Bonds mentale Verfassung.

Inspiration aus der Vergangenheit: Die Macht der Kunstreferenzen

Kunstreferenzen sind keine Erfindung der Popkultur. Zu allen Zeiten haben sich Künstler von ihren Vorgängern haben inspirieren lassen. Es ist eine Art Dialog über die Jahrhunderte hinweg, bei dem Ideen, Konzepte und ästhetische Elemente weitergegeben werden.

Wenn Künstler bewusst Zitate oder Referenzen zu früheren Werken in ihren eigenen Schöpfungen einbauen, kann dies als Hommage an ihre Vorgänger dienen oder als subtile Art der Kommunikation mit anderen Kunstliebhabern. Diese Rückgriffe auf vergangene Kunst schaffen eine Art künstlerisches Netzwerk, das über die Zeit hinweg existiert. Kunst ist ein fortlaufender Prozess des Schaffens, der Inspiration und der Verbindung.

Las Meninas

Diego Velasquez | Las Meninas

Das Gemälde "Las Meninas" von Diego Velázquez gilt als eines der bedeutendsten Werke der europäischen Kunstgeschichte. Es ist ein Symbol für die Macht und den Einfluss der spanischen Königsfamilie und wirft gleichzeitig viele Fragen auf. Das Gemälde zeigt die Prinzessin Margarita, die Tochter des spanischen Königs Philipps IV., inmitten ihres Hofstaats. Doch könnte es auch ein Selbstporträt sein. Und warum wird das Königspaar nur klein im Spiegel abgebildet?

Velasquez' raffinierte Darstellung, seine Fähigkeit, die Individualität der dargestellten Personen einzufangen, der meisterhafte Einsatz von Licht und Schatten machen das Gemälde zu einer Studie über Perspektive, Raum und menschliche Interaktion. Es stellt Fragen über die Natur der Kunst, die Rolle des Künstlers und den Blick des Betrachters.

Das führte zu vielfältigen Interpretationen und Diskussionen. Und dazu, dass Künstler sich immer wieder neu mit dem Gemälde auseinandersetzten. Zum Beispiel inspirierte es Oscar Wilde zu seinem Märchen The Birthday of the Infanta, Sophie Matisse malte den Raum ohne Personen und Picasso schuf mehr als 40 Variationen des Gemäldes!

Bilder einer Ausstellung

Viktor Hartman | Das Balett der unausgeschlüpften Küken / The ballet of the unhatched chicks

Ein weiteres hervorragendes Beispiel, das zeigt, dass Kunstreferenzen nichts Neues sind, sind die Bilder einer Ausstellung. Modest Mussorgski schuf 1874 ein musikalisches Werk, das den Zuhörer auf eine Klangreise durch eine imaginäre Kunstausstellung mitnimmt. Der Künstler Viktor Hartmann, ein Freund Mussorgskis, war ein Jahr zuvor verstorben. Die Gemälde, die in der Gedächtnisausstellung zu seinen Ehren gezeigt wurden, inspirierten Mussorgski. Ursprünglich komponierte er die Suite für das Klavier. Später wurde es für Orchester arrangiert und erlangte dadurch noch größere Bekanntheit.

Die Bilder einer Ausstellung erwecken die verschiedenen Zeichnungen und Gemälde zum Leben. Jedes Stück stellt ein anderes Kunstwerk dar und fängt deren Charakter und Atmosphäre ein. Die Suite beginnt mit dem Promenade -Motiv, das den Zuhörer durch die Ausstellung führt. Es ist ein thematisches Bindeglied zwischen den einzelnen Stücken und stellt den flanierenden Besucher dar, der von Kunstwerk zu Kunstwerk schlendert. Das Motiv taucht immer wieder auf, jedes Mal leicht verändert, um die verschiedenen Eindrücke der ausgestellten Kunstwerke widerzuspiegeln.

Jedes Bild der Ausstellung hat seine eigene musikalische Interpretation. Gnomus beschwört mit seinen dunklen, dissonanten Klängen das Bild einer buckligen Gestalt herauf. Im Alten Schloss erklingt ein zarter, melancholischer Walzer und das Ballett der unausgeschlüpften Küken ist humorvoll und lebhaft. Die Bilder einer Ausstellung verwischen die Grenzen zwischen bildender Kunst und Musik.

Kunstreferenzen als Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Einer meiner Lieblingskünstler, der das Zitieren der bekanntesten Werke der Kunstgeschichte bis zur Meisterschaft beherrscht, ist Ertan Atay. Er wählt Details und Fragmente aus Gemälden aus und fügt sie in seine Arbeiten ein.

Seine Werke von atmosphärischer Ästhetik übertragen alte Meisterwerke in einen modernen Kontext. Ertan Atay mischt Stile und Epochen, spielt mit der Wahrnehmung. Das macht seine Werke so wunderbar humorvoll, überraschend und unerwartet. 

Kunstreferenzen helfen, sich mit der Vergangenheit zu verbinden, die Gegenwart zu verstehen und die Grenzen der Kreativität zu erweitern. Indem die Popkultur auf Werke alter Meister zurückgreift und sie zitiert, entsteht eine Verbindung zwischen scheinbar unterschiedlichen Welten - und das führt zu einer reichen kulturellen Erfahrung.

Wie gefallen dir Anspielungen auf berühmte Gemälde, Skulpturen oder literarische Werke in Filmen oder Songs? Haben sie dich beeindruckt, zum Nachdenken angeregt? Schreibe deine liebsten Kunstreferenzen in die Kommentare.

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About the Author Lea Finke

Lea Finke ist Künstlerin mit ganzer Seele. In ihrem Blog erzählt sie von Inspiration, Leidenschaft und der Begegnung mit Kunst.

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