Kein mir bekannter Künstler behandelt Licht so, wie Max Liebermann es tat. Gefiltert durch Blätter und Zweige fließt es golden auf Gehwege und Wiesen. Dort tanzt es und wird lebendig. Das liebe ich an seinen Bildern – diese Atmosphäre flirrender Heiterkeit.
Aber Liebermann war viel mehr als nur ein Virtuose des Lichts. Er war auch eine Schlüsselfigur in der Modernisierung der deutschen Kunstszene. Als Präsident der Berliner Secession hat er vielen jungen Künstlern den Weg geebnet und dafür gesorgt, dass die Moderne in Deutschland Fuß fassen konnte.
Frühe Jahre und Ausbildung
Max Liebermann wurde 1847 in eine wohlhabende jüdische Familie in Berlin geboren. Sein Interesse an der Kunst äußerte sich schon früh. Seine Familie, die in der Berliner Gesellschaft eine angesehene Stellung innehatte, sah jedoch keine Zukunft als Künstler. Es war üblich, dass Söhne wohlhabender Familien einen Beruf wählten, der soziale Sicherheit und gesellschaftliches Ansehen versprach. Sie legten ihm eine Karriere als Jurist nahe, oder im Handelswesen, womit er in die Fußstapfen seines Vaters, eines erfolgreichen Unternehmers, getreten wäre.
Doch Liebermann selbst war von dieser Idee wenig begeistert. Sein Herz schlug für die Kunst, und er fühlte sich von den Erwartungen seiner Familie zunehmend eingeengt. Gegen den anfänglichen Widerstand seiner Familie entschied er sich schließlich, die Kunst zu seinem Lebensweg zu machen. Um 1866 nahm er zunächst Privatunterricht bei Carl Steffeck in Berlin. Zwei Jahre später begann er sein Studium an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar, die für ihren Fokus auf realistische Malerei bekannt war.
In Weimar entstand auch sein frühes Meisterwerk Die Gänserupferinnen, inspiriert von einer Zeichnung seines Studienkollegen Thomas Herbst und den Werken von Mihály von Munkácsy. Sein Erstlingswerk stellte er mit nur 25 Jahren in Hamburg öffentlich aus. Doch es wurde wegen des „ärmlichen“ Sujets und der düsteren Farbpalette von den konservativen Kritikern abgelehnt.
Dennoch fand das Bild in dem Eisenbahnmillionär Strousberg einen Käufer. Der Erlös ermöglichte es ihm, seine Studien nach Paris zu verlegen, wo er zwischen 1873 und 1878 lebte und sich intensiv mit der französischen Kunstszene auseinandersetzte. Besonders die Werke von Jean-François Millet und Gustave Courbet, führende Vertreter des Realismus, beeinflussten seinen Stil.
Während seiner Pariser Jahre verbrachte Max Liebermann die Sommermonate regelmäßig in den Niederlanden. Auch diese Aufenthalte hatten einen tiefen Einfluss auf sein Schaffen.
Liebermann löste sich immer mehr von den akademischen Traditionen und begann, seine eigene künstlerische Sprache zu entwickeln.
Die Entwicklung seines Stils
Er war fasziniert von den Künstlern in Frankreich und den Niederlanden, die das ländliche Leben in einer natürlichen, ungeschönten Form zeigten. Er übernahm den sozialkritischen Blick auf das mühevolle Leben der Landbevölkerung und setzte ihn in seinen eigenen Werken um. Die in seinen Bildern dargestellten Szenen waren nicht heroisch oder idealisiert, sondern zeigten die Mühsal, aber auch die Würde der einfachen Arbeit. Sie spiegelten die soziale Realität wider und stellten einen Kontrast zu den idealisierten Darstellungen dar, die in der Kunst der damaligen Zeit oft vorherrschten.
Neben der Darstellung des alltäglichen Lebens begann Liebermann, sich intensiver mit Licht und Farbe auseinanderzusetzen. Die französischen Impressionisten, allen voran Claude Monet, übten einen tiefen Einfluss auf ihn aus. Er war beeindruckt von ihrer Art, Licht in einer flüchtigen, atmosphärischen Weise zu zeigen. Liebermann griff diesen Ansatz auf, wobei er das Licht durch Bäume und Blätter filtern ließ, um es auf Wiesen und Wege fließen zu lassen. Diese lockerere, fließende Malweise zeigte sich besonders in seinen späteren Gartenbildern.
Rückkehr nach Berlin
Zwischen 1879 und 1884 lebte Max Liebermann größtenteils in München. Während dieser Zeit setzte er seine künstlerische Entwicklung fort und festigte seinen Ruf als führender Vertreter des Realismus. In München stand er in Kontakt mit wichtigen Künstlerkreisen und knüpfte Verbindungen, die später entscheidend für seine Karriere in Berlin waren.
Dorthin kehrte er schließlich 1884 zurück und nahm eine bedeutende Rolle in der deutschen Kunstszene ein. Er selbst hatte in Paris die progressiven Ideen des Realismus und Impressionismus kennengelernt, in Deutschland stießen diese jedoch auf Widerstand. Liebermanns Engagement für die Moderne brachte ihn oft in Konflikt mit dem konservativen Establishment. Besonders die Akademie der Künste und andere einflussreiche Kunstinstitutionen in Berlin lehnten viele der von ihm geförderten Strömungen ab. Die konservativen Kritiker sahen in der modernen Kunst eine Bedrohung der etablierten Werte und stilistischen Traditionen.
1892 schloss sich in Berlin eine Gruppe von elf progressiven Künstlern, die Vereinigung der XI, zusammen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch Max Liebermann. Diese Gruppe protestierte gegen den konservativen und akademischen Kunstbetrieb. Ihr Ziel war es, modernen Kunstströmungen eine Plattform zu bieten, die abseits der traditionellen Akademien lagen. Sie organisierten eigene Ausstellungen, um die Werke von Künstlern, die nicht den akademischen Normen entsprachen, der Öffentlichkeit zu präsentieren.
1898 wurde Max Liebermann Mitbegründer und erster Präsident der Berliner Secession, die sich gegen das traditionelle Kunstverständnis der Preußischen Akademie der Künste und des Vereins Berliner Künstler stellte und sich ebenfalls für die Anerkennung der modernen Kunst und die Förderung junger Künstler einsetzte.
Während seiner Zeit in Berlin veränderte sich Max Liebermanns Kunststil spürbar. Seine Farbpalette hellte sich auf, und seine Werke wurden zunehmend von leuchtenderen Farben und einer lockereren, impressionistischen Malweise geprägt. Er widmete sich verstärkt Szenen des bürgerlichen Lebens und entwickelte sich zu einem gefragten Porträtmaler. Nach dem Bau seines Sommerhauses am Wannsee konzentrierte er sich auf Landschafts- und Gartenbilder, die von Licht und Atmosphäre durchdrungen waren. Liebermann nutzte seinen Garten als Rückzugsort und Inspirationsquelle zugleich.
Liebermann und die politischen Umstände
„Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“
- Max Liebermann
Als prominenter jüdischer Künstler war Max Liebermann in den 1930er Jahren zunehmend mit der antisemitischen Politik des Regimes konfrontiert. Die Nationalsozialisten brandmarkten seine Kunst als "entartet" und entfernten seine Werke aus öffentlichen Sammlungen. 1933 wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft gezwungen, seinen Ehrenvorsitz der Preußischen Akademie der Künste aufzugeben. Die Akademie schloss jüdische Mitglieder systematisch aus. Dies bedeutete das Ende seiner öffentlichen Karriere, und er zog sich zunehmend zurück.
Liebermann erlebte die zunehmende Isolation und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland hautnah. Seine späten Jahre waren geprägt von Bitterkeit und Enttäuschung. Am Tag der Machtergreifung marschierte der Fackelzug an seinem Haus am Pariser Platz vorbei. Das war auch der Zeitpunkt, an dem Liebermann das berühmte, oben genannte Zitat äußerte.
Seine künstlerische Produktion stagnierte während dieser Zeit, die politischen und sozialen Umstände lähmten ihn zunehmend. 1935 starb er, bevor die Verfolgung jüdischer Menschen in Deutschland noch grausamere Ausmaße annahm, aber seine letzten Jahre waren von einem tiefen Gefühl der Ohnmacht und der Trauer um die Zerstörung dessen geprägt, was er in seinem Leben und seiner Kunst aufgebaut hatte.
Liebermanns Ehefrau Martha musste später die Auswirkungen der antisemitischen Verfolgung ertragen. Als ihr 1943 die Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt drohte, nahm sie sich das Leben. Das Grab von Martha und Max Liebermann liegt auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin/Prenzlauer Berg.
Max Liebermann Bildergalerie
Nachlass und Einfluss auf die Kunstwelt
Max Liebermanns Werke werden heute als bedeutende Beiträge zum deutschen Impressionismus und Realismus anerkannt. Nach Jahren der Ächtung durch die Nationalsozialisten erlebte sein Werk in den Nachkriegsjahren eine Wiederentdeckung. Liebermann hat Generationen von Künstlern beeinflusst, vor allem durch seinen innovativen Umgang mit Licht und Farbe sowie seine Auseinandersetzung mit sozialen Themen. In Museen wie der Alten Nationalgalerie in Berlin und in Ausstellungen weltweit wird sein Werk regelmäßig gewürdigt. Seine Gartenbilder vom Wannsee zählen zu seinen bekanntesten Schöpfungen.
Für mich ist Max Liebermann nicht nur der Meister des Lichts, sondern auch ein Künstler, der die Schönheit des Alltags mit einer Ehrlichkeit und Sensibilität erfasst hat, die mich als Künstlerin tief berührt.
Was fasziniert dich an Max Liebermanns Kunst am meisten? Gibt es ein Werk, das dich besonders berührt? Teile gern deine Gedanken in den Kommentaren – ich freue mich auf den Austausch und deine Eindrücke!