Dieses Jahr hatte es bisher in sich – und darüber will ich mich nicht beschweren! Es lief ganz gut, mein bisher bestes Jahr. Ein großes Projekt hat mich mehrere Monate auf Trab gehalten und auch sonst hatte ich viel zu tun. Und auf einmal ist es schon Herbst und das Jahr neigt sich dem Ende zu. Aber Zeit für Ausstellungen und Museumsbesuche hatte ich bis jetzt noch nicht.
In den dunklen Zeiten der Corona-Lockdowns ist mir klar geworden, wie wichtig es für mich ist, ab und zu in Kunst einzutauchen. Zum Glück ist das ja vorbei und diese Möglichkeiten stehen uns wieder offen.
Man - oder um genau zu sein ich! musste mir nur die Zeit dafür nehmen und mich für eine der vielen Möglichkeiten entscheiden. Da traf es sich gut, dass in diesem Jahr die ARTe Kunstmesse zum ersten Mal in Dortmund stattfand, gleich um die Ecke. Mit Neugier und richtig Lust auf neue Eindrücke bin ich also losgezogen. Auf einer größeren Kunstmesse war ich vorher noch nie und hatte entsprechend keine Ahnung, was mich erwartet – ist ja doch was anderes als ein Museumsbesuch.
*Titelbild: Holz-Skulpturen von Dirk Richter
Dortmund zeigt Kunst
Seit 2016 ist die ARTe die erste eigenständige Messe für zeitgenössische Kunst im Großraum Stuttgart. Sie ist so beliebt, dass sie inzwischen auch in Konstanz, Osnabrück, Wiesbaden, auf Burg Stettenfels und jetzt auch erstmalig in Dortmund stattfindet.
Die ARTe ist von Anfang an ein Ort gewesen, an dem Kunst und Menschen sich begegnen können. Sie versteht sich als offenes Format, als Plattform, die zeigt, wie vielfältig bildnerische Kunst sein kann und ein Treffpunkt für die, die Kunst lieben, für die, die neugierig sind, und für die, die einfach schauen möchten, was es zu entdecken gibt.
Das klingt gut! Zusammen mit meinem Jüngsten mache ich mich also am Sonntag, dem letzten Tag der Kunstmesse auf den Weg. Wir nutzen die Gelegenheit zu einem Mutter-Sohn-Tag und freuen uns beide darauf. Auf 1800 qm warten rund 80 Aussteller:innen auf uns. Es sind einige Galerien darunter, aber hauptsächlich stellen die Künstler selbst aus.
Ein erster Schritt in die kreative Vielfalt
Wir sind schon früh vor Ort und müssen sogar noch ein paar Minuten auf den Einlass warten. Die meisten sind wahrscheinlich noch mit dem Sonntagsfrühstück beschäftigt. Aber das macht nichts, denn so haben wir die Halle fast für uns. Die Luft ist gut, die Stimmung entspannt. So lässt sich Kunst genießen!
Kaum sind wir drin, sind wir begeistert von der Vielfalt. Es gibt kräftige und mutige Farben genauso wie sanfte und zurückhaltende Töne, figurative Kunst, abstrakte Kunst, semi-abstrakte Kunst, Malerei und Skulpturen, zeitgenössische und post-moderne Werke. Wir schlendern durch die Gänge und immer wieder ziehen Kunstwerke uns an. Wir bleiben stehen, vertiefen uns, sprechen mit verschiedenen Künstler:innen.
Meine 3 Highlights
Auch wenn unser Kunstgeschmack weit auseinandergeht, finden wir beide Werke und Künstler, die uns begeistern. Während ich mich eher von Formen und Texturen anziehen lasse und den lockeren Strich mag, ist mein Sohn von klaren Formen und moderner Ästhetik fasziniert. Es macht richtig Spaß, gemeinsam durch die Gänge zu schlendern, stehenzubleiben, sich auszutauschen und manchmal völlig unterschiedliche Ansichten zu haben. Und es gibt auch Werke, bei denen wir uns einig sind: „Das ist etwas Besonderes!“
Helga Hoicke
Eines unserer gemeinsamen Highlights ist die Begegnung mit Helga Hoicke. Ihre bunten und ausdrucksstarken Kunstwerke aus Ãœberraschungseier-Figuren und alten Legosteinen gefallen uns beiden sofort.
Mir gefällt natürlich auch ihr Nachhaltigkeitsgedanke dahinter sehr. Als ihre Kinder erwachsen wurden, stapelten sich Überraschungseier-Figuren, die sie nicht einfach wegwerfen wollte. Also verwandelte sie sie in Kunstwerke. Und ich muss sagen: Die Wirkung ist beeindruckend.
Wie schön, mit ihr ins Gespräch kommen zu können und mehr über ihre Arbeit zu erfahren. Man spürt einfach, wie viel Spaß sie daran hat, Dingen, die andere vielleicht schon abgeschrieben hätten, neues Leben einzuhauchen. Neben diesen Upcycling-Projekten malt sie auch – sie experimentiert mit Farben und Materialien wie Marmormehl oder Rotband.
Betty Schmidt
Die Werke von Betty Schmidt sind ein weiteres Highlight für mich. Ihre Fotografien, die auf den ersten Blick wie Gemälde wirken, berühren mich sofort - zu sehen, wie die Grenzen zwischen Fotografie und Malerei verschwimmen. Ihre Bilder wirken auf den ersten Blick ruhig und introvertiert, strahlen durch die Unschärfe gleichzeitig aber eine gewisse Dynamik aus – als wäre man Teil eines flüchtigen Moments, der gerade noch greifbar ist.
Betty Schmidt nutzt eine Technik namens "gestische Fotografie" oder "Intentional Camera Movement". Dabei bewegt sie die Kamera während der Belichtungszeit bewusst, um Effekte zu erzeugen, die an Pinselstriche erinnern. Diese Methode ermöglicht es ihr, mit der Kamera zu "malen" und so einzigartige, nicht reproduzierbare Werke zu schaffen.
Torsten Wolber
Unbedingt erwähnen möchte ich auch Torsten Wolber. Seine Gemälde haben mich sofort fasziniert – diese fast schon klassische, an die Renaissance oder den Barock erinnernde Malweise, die dann plötzlich aufbricht, fast explodiert. Diese Mischung aus Präzision und Dynamik macht seine Bilder unglaublich spannend und verleiht ihnen eine besondere Tiefe und Energie.
Er arbeitet mit der Alla-Prima-Technik, bei der das Bild „nass in nass“ in einer Sitzung gemalt wird. Normalerweise innerhalb eines Tages, bzw. einer Sitzung - was ich zusätzlich noch besonders beeindruckend finde.
Noch viel mehr!
Auf der ARTe gab es natürlich noch viel mehr zu entdecken – viele beeindruckende Kunstwerke und spannende Künstler, die ich hier gar nicht alle erwähnen kann. Etablierte Künstler, neue Talente, mutige Experimente und klassische Ansätze. Sollte demnächst eine ARTe Kunstmesse in deiner Nähe stattfinden oder du anderweitig die Gelegenheit dazu haben, ich kann das nur empfehlen!
Mein Sohn und ich hatten jedenfalls einen wunderbaren Tag und haben uns voll mit Kunst und Inspiration auf den Heimweg gemacht. Und auf keinen Fall wollen wir wieder so lange warten bis zum nächsten Bad in der Kunst. Hast du vielleicht Ideen und Vorschläge?