Zugegeben, das Internet hat so seine Tücken. Aber das Schöne daran ist, dass wir uns auf der ganzen Welt mit Menschen vernetzen können, die unsere Interessen teilen. So erging es mir mit meiner lieben Kollegin Annett Wagner. Annett ist wie ich Künstlerin und ihre Liebe zur Natur spricht durch ihre Kunst. In ihrem Instagram-Profil zeigt Annett ihre inspirierenden Werke. Schau unbedingt vorbei. Ihr Umgang mit Farbe ist so lebendig!
Unser gemeinsames Interesse für Nachhaltigkeit, Kunst und insbesondere nachhaltige Kunst hat Annett und mich zusammengeführt. In diesem Gastbeitrag ist sie so nett und teilt ihre Erfahrungen mit plastikfreier "Acrylfarbe" mit uns. Vielen Dank, Annett!
Nicht erschrecken, dies ist ein Gastbeitrag:
Hallo, ich bin Annett Wagner, freischaffende Upcycling-Künstlerin aus dem Spreewald. Ich male auf Alltagspapier wie Pappverpackungen oder Flyern, um möglichst ressourcenschonend zu arbeiten. Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Faktor in meinem Leben, weshalb ich bei meiner Recherche zu nachhaltigen Acrylfarben auf Leas Blog-Artikel zu diesem Thema gestoßen bin. Eine ungewöhnliche Anfrage meinerseits und diverse Nachrichten später, bot mir Lea an, meinen Testbericht zu Placrylic™ hier als Gastbeitrag zu veröffentlichen. Es stimmt also: Kunst, Nachhaltigkeit und das Internet können verbinden und darüber freue ich mich sehr. Lea, vielen Dank!
Und nun komme ich auch zum Kern:
Gibt es nachhaltige und umweltfreundliche Acrylfarben?
Die Antwort ist JA, aber ob sie auch meinem Anspruch als Künstlerin genügen, erfahrt ihr am Ende dieses Beitrags.
Es gibt namhafte Anbieter wie Marabu und Kreul, die umweltfreundlichere Alternativen zu Acrylfarben entwickelt haben, allerdings sind sie eher für den Hobby- und DIY-Bereich geeignet. Ihren ausführlichen Blog-Artikel dazu verlinkt euch Lea sicherlich hier. (Sehr gern sogar! Danke, Annett!)
Für den Kunstsektor bin ich bei meiner Recherche auf zwei Marken gestoßen: Natural Earth Paints und Placrylic™. Beide Produkte wurden von Künstlerinnen entwickelt. Ich habe Placrylic™ getestet, sie werden in Großbritannien hergestellt und mussten damit einen kürzeren Weg zu mir zurücklegen als die Natural Earth Paints aus den USA, dies spielt beim Thema Nachhaltigkeit immerhin auch eine Rolle.
Was ist Placrylicâ„¢?
„Im Jahr 2020 erfand die englische Malerin und Chemikerin Hana ein brandneues Medium, Placrylic™, für Künstler, das den Klima- und Gesundheitsbedenken moderner Künstler Rechnung trägt.
Placrylic™ ist eine patentierte nachhaltige Pflanzenfarbe, die wie Acrylfarbe schnell trocknet. Im Gegensatz zu Acrylfarbe, die aus Plastik besteht und negative Auswirkungen auf die Meereschemie hat, wenn sie in den Abfluss gespült wird, ist Placrylic™ jedoch zu 100 % plastikfrei, meeresfreundlich und sicher für die Verwendung durch Künstler.“
„Nach dem Studium von Tausenden von Pflanzen hat die Malerin, Chemikerin und Placrylic-Erfinderin Hana mehr als 200 Gemälde angefertigt, um acht nachhaltige Pflanzenpigmente zu testen und zu formulieren, die in Kombination mit der patentierten Pflanzengel-Formulierung acht natürliche und dennoch leuchtende Farben mit hervorragender Lichtbeständigkeit ergeben.“
„Das Placrylic Gel Medium besteht zu 100% aus Pflanzen in einer Gel-Emulsion. Flüssigkeit aus verschiedenen Pflanzen wird extrahiert und zu einer Gel-Emulsion verarbeitet, die mit Placrylic™-Pflanzenpigmenten gemischt werden kann.“
Angaben auf der Webseite von Placrylicâ„¢
Die Pigmente und das Gel zum Anmischen kommen in unbeschrifteten Aluminiumdosen an, man muss also erst einmal alles aufmachen und sich überraschen lassen. (Bild 1 + 2)
Die Verarbeitung ist unkompliziert und wie beim Arbeiten mit Pigmenten und anderen Bindemitteln. Die Pigmente sind extrem fein und duften nach getrockneten Blumen und Heu. Da ist der Umgang mit herkömmlichen Pigmenten ggf. wesentlich bedenklicher und erfordert Schutzmaßnahmen.
Angemischt haben die Pigmente eine schöne Leuchtkraft und lassen sich gut verstreichen. Den Farbton vom Rot finde ich persönlich allerdings enttäuschend, er ähnelt eher gebr. Siena. (Bild 3)
Die Farben trocknen schnell und lassen sich gut untereinander vermischen, sind auf der Palette jedoch wesentlich dunkler als beim Verstreichen, wodurch sich der Ton sehr schlecht einschätzen lässt. Dies kann sich mit etwas mehr Erfahrung mit den Farben natürlich geben, hat mich beim Testen aber irritiert.
Die Deckkraft begeistert mich leider ebenfalls nicht, weshalb ich das Gel zum Vergleich mit herkömmlichen Pigmenten angemischt habe. Die obere Probe ist jeweils das herkömmliche Pigment und unten Placrylic™.
Den Test habe ich auf grauer Pappe durchgeführt, da dies meine übliche Malgrundlage ist. (Bild 5)
Die größten Probleme hatte ich mit dem weißen Pigment: es ist angemischt fast transparent, trocknet zwar gut deckend auf, aber damit kam ich in meinem Test leider überhaupt nicht zurecht. (Bild 6)
In einer raschen Studie seht ihr eines meiner typischen Motive zum Vergleich mit meinen üblichen Acrylfarben und Placrylic™. (Bild 7)
Fazit:
Placrylic™ ist ein wirklich rein pflanzliches Produkt für hohe Ansprüche, meins ist es aber leider nicht: für meine Arbeitsweise sind Placrylic™ nicht geeignet. Ich brauche Farben mit einer hohen Deckkraft, die sich nicht erst nach dem Trocknen ergibt, ich muss im Prozess sehen, ob das Motiv so wird, wie ich es mir vorstelle. Der rote Farbton konnte mich außerdem nicht überzeugen, es gibt zwar auch Pink im Sortiment, das umfasste mein Starter-Set jedoch nicht.
Auf der Placrylic™ Webseite gibt es jedoch zahlreiche Beispiele von Künstler:innen, die mit den Farben wunderbare Werke erschaffen haben, denn grundsätzlich ist es ein unterstützenswertes Produkt, welches für andere Malstile als meinen hervorragend geeignet sein kann. Ich habe mein Set an Lea weiter gegeben und sie wird ihre Erfahrung mit den Farben sicherlich mit euch teilen.
Ich persönlich habe also leider noch nicht die perfekte nachhaltige Alternative für mich gefunden, werde mich aber weiter mit dem Thema befassen. Habt ihr Erfahrungen in dem Bereich oder eine umweltfreundliche Farbe getestet?
Disclaimer: bei meinem Test handelt es sich nicht um eine wissenschaftliche Studie, sondern nur um meine persönliche Einschätzung, außerdem habe ich die Farben selbst gekauft und bezahlt.
Ãœber Annett Wagner
Im Fokus von Annett Wagners Kunstwerken steht die Transformation. Sie selbst sagt über ihre Kunst: "Von der ersten Idee bis zum letzten Pinselstrich ist jeder Schritt ein Wechsel zwischen Intuition und Technik, Freiheit und Struktur. Authentizität ist mir als Künstlerin von größter Bedeutung. Jedes Werk soll wahre Emotionen vermitteln, echte Geschichten erzählen und den Betrachtenden in eine eigene Welt versetzen."
Besucht sie doch einmal auf ihrer Website.
[…] https://leafinke.de/nachhaltige-kunst-plastikfreie-acrylfarbe-im-test/ (2024-01-12) […]