September 29, 2023

Acrylfarben gehören zu den beliebtesten Kunstmedien. Das ist nicht weiter verwunderlich. Die Farben sind brillant, die Anwendungsmöglichkeiten vielfältig, die Handhabung ist leicht und auch für Anfänger geeignet. Außerdem sind die Farben im Vergleich zu anderen Medien recht günstig, wobei selbst die billigeren Acrylfarben eine annehmbare Qualität haben.
Ich male selbst sehr gern mit Acryl, denn die Farben passen zu meiner intuitiven Malweise. Sie eignen sich für nahezu jeden Untergrund und trocknen schnell. Zudem lassen sie sich mit Wasser verdünnen. Man kann sie also in dünnen Lasuren und Schichten auftragen, genauso aber sind auch dicke, opake, sichtbare Pinselstriche möglich.
Acrylfarbe erlaubt Ausdruck - und das ist mir wichtig.

Wenn man fertig ist, lässt sich alles mit Wasser reinigen. Aber genau das ist das Problem.

Seit einiger Zeit mache ich mir Gedanken über Acrylfarben. Die Pigmente werden oft mit Kunststoffpartikeln gebunden, auf jeden Fall aber ist Kunststoff enthalten. Außerdem werden Bio- und Fungizide zugegeben, um die Farbe haltbar zu machen. Ist die Farbe einmal getrocknet, löst die Verbindung nichts mehr auf. Aber solange die Farbe noch feucht ist, ist sie wasserlöslich. Und das bedeutet, dass Giftstoffe und Mikroplastik ins Abwasser geraten.

Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen mir am Herzen. Ich arbeite ressourcenschonend, achte auf Materialien und vermeide Abfälle.
Nur, ist nachhaltiges Malen mit Acryl überhaupt möglich?
Ich begebe mich auf die Suche. Kann ich meine Kunstpraxis nachhaltiger gestalten? Wie kann man Acrylfarben umweltgerecht entsorgen? Gibt es Alternativen zu Acrylfarben und wenn ja, funktionieren sie für mich? Meine Ergebnisse findest du in diesem Blogpost.

Die Sache mit dem Mikroplastik

Es besteht noch erheblicher Forschungsbedarf, um die langfristigen Auswirkungen von Mikroplastik auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit vollständig zu verstehen. Was wir wissen ist, dass Mikroplastik inzwischen in immer größerem Maße in Flüsse, Seen und Ozeane gelangt. Vögel, Fische und Meeressäuger nehmen das Mikroplastik auf, es schadet ihnen und gelangt so auch in die Nahrungskette. Es wurde bereits in einigen Nahrungsmitteln (wie z.B. Bier, Honig und Leitungswasser) nachgewiesen. Die genauen Auswirkungen sind im einzelnen bisher nicht gänzlich verstanden. Soviel lässt sich aber mit einiger Sicherheit sagen: Gesund ist es nicht.
Mikroplastik gefährdet die Gesundheit, die Ökosysteme und die biologische Vielfalt. So lieb mit Acryl als Kunstmedium ist, das kann ich nicht ignorieren.

Nachhaltiges Malen mit Acryl - wie kann es trotzdem gehen?

Seit geraumer Zeit male ich wieder mehr mit Aquarellfarben und Tusche auf Wasserbasis. Trotzdem kann ich bislang nicht ganz auf Acrylfarbe verzichten. Ihre Wirkung ist einfach anders und diese brauche ich in manchen meiner Kunstwerke. Meine wichtigste Maßnahme - ich halte Acrylfarbe und Wasser strikt getrennt. Für mich funktioniert das, denn ich verarbeite Acrylfarbe inzwischen nur noch mit einem Malmesser. Malwasser und Pinselreinigung entfallen also und das Malmesser reinige ich mit einem alten Tuch, in dem ich die Farbe trocknen lasse.

Das Tuch benutze ich wieder und wieder. Aber selbst wenn ich es irgendwann entsorgen sollte, ist zumindest das Mikroplastik kein Problem, denn einmal getrocknet, löst sich die Verbindung von Pigmenten und Acrylbinder nicht mehr. Das gilt auch für Farbreste auf Paletten. Kannst du sie nicht anderweitig gebrauchen, wasch sie bitte nicht ab. Lass sie trocknen, so bildet sich ein Film, der sich abziehen und wegwerfen lässt. Trotzdem ist es natürlich immer sinnvoll, vorausschauend zu arbeiten und so wenig Müll wie möglich zu produzieren.

Da die Verbindung im getrockneten Zustand nicht mehr löslich ist, sind trockene Acrylreste in der Regel kein Sondermüll. Sie können im Restmüll entsorgt werden. Sie aber wirklich vollkommen durchgetrocknet sein. Sonst löst sich sogenanntes sekundäres Mikroplastik.

Und Vorsicht, es kommt immer auf die Pigmente an. Zink, Kobalt, Blei oder andere - auch natürlich vorkommende - Pigmente sind giftig! Beachte also ggf. die konkreten Entsorgungshinweise auf der Verpackung und/oder erkundige dich im Zweifel bei deinem lokalen Entsorgungsunternehmen. Welche Pigmente in deiner Farben enthalten sind, steht auf der Verpackung.

Als abstrakte Künstlerin ist es mir leicht möglich auf Malmesser umzusteigen. Was aber, wenn der eigene künstlerische Prozess Pinsel erfordert? Dass Farbe an die Hände oder Kleidung gerät, lässt sich auch kaum vermeiden. Wie verhindert man dann, dass das Mikroplastik ins Abwasser gerät?

Malwasser entsorgen und Pinselreinigung, aber umweltverträglich

Wir halten fest:

  • gebrauchtest Malwasser nicht in den Ausguss kippen  
  • Pinselreinigung und Hände waschen auch nicht am Waschbecken unter fließendem Wasser  

Das werden dir übrigens auch deine Rohre danken. Acrylreste können da echte Schäden und Verstopfungen anrichten. Wir verwenden einfach eine große Schüssel. In der können wir unsere Hände waschen, die Pinsel reinigen und anschließend das Malwasser hineinschütten. Damit ist das Problem aber nur verlagert. Was nun?

Es gibt 3 Wege, das Schmutzwasser umweltgerecht zu entsorgen.

1. Absetzen lassen

Ganz einfach, lass das Wasser stehen, bis sich die Sedimente unten in der Schüssel abgesetzt haben. Diese Methode wird zum Beispiel von Schmincke empfohlen. Mich überzeugt sie nicht so sehr. Mikroplastik ist klein. So klein, dass man es mit dem bloßen Auge möglicherweise gar nicht sieht. Das ist der eine Punkt. Wir wissen also gar nicht sicher, ob sich schon alles unter abgesetzt hat. Doch selbst wenn, braucht man schon eine sehr ruhige Hand, um das ganze Wasser auszuschütten, ohne dass Sediment wieder aufwühlt. 

2. Verdunsten lassen

Lass das Wasser verdunsten. Klingt einfach, ist es auch. Schütte das Wasser möglichst flach auf eine größere Fläche. So verdunstet es schneller - oder lass nur die Reste des zuvor abgeschütteten Wassers (Methode 1) verdunsten. Die trockenen Farbreste kannst du  dann wie gehabt entsorgen.

Extratipp

Fülle einen Eimer zur Hälfte mit Katzenstreu. Jetzt kannst du dein gebrauchtes Wasser in den Eimer schütten und von dort verdunsten lassen. Du kannst auch klumpende Katzenstreu nehmen. Die trockenen Klumpen können dann im Müll entsorgt werden. Da ich diese Methode aber selbst noch nicht getestet habe und auch keine Katzenmama bin, kann ich nicht garantieren, dass die Klumpen direkt trocken genug für die Entsorgung sind. Probier es einfach aus, wenn du diese Methode bevorzugst.

3. Filtern

Die letzte Methode - das Wasser filtern. Die Filter müssen allerdings wirklich fein sein, denn Mikroplastik ist höchstens 5mm groß. Geeignet sind Filtermatten, sehr feinmaschige Stoffe oder auch Kaffeefilter. 

Die Firma Golden stellt auf ihrer Website eine Methode vor, wie man das Wasser chemisch behandeln kann. Ich bin mir nicht sicher, ob das Hantieren mit Aluminiumsulfat wirklich so nachhaltig ist, aber ich habe von Chemie auch keine Ahnung. Die Idee jedenfalls ist, die Acrylpartikel vor dem Filtern quasi aufzublähen, sodass sie sicherer entfernt werden können.

Ich filtere mein Malwasser (nicht chemisch), dafür verwende ich mehrere Lagen feinmaschiger Stoffe. Allerdings schütte ich das gefilterte Wasser nicht in den Ausguss, sondern verwende es wieder als Malwasser für meinen Aquarellmalerei. Ein Glas fülle ich mit frischem Wasser, das benutze ich zum Malen. Den Pinsel reinige ich dann in einem Glas mit dem gefilterten Malwasser. So stört es mich nicht, wenn das Wasser nicht ganz klar ist und sollten nicht alle Teile ausgefiltert sein, gelangen sie trotzdem nicht in das Abwasser.

Gibt es eine Alternative zu Acrylfarben?

Es ist aber nicht damit getan, das Malwasser unschädlich zu machen. Schließlich ist Acrylfarbe schon in der Herstellung umweltschädlich. Aber welche Alternativen gibt es? Keine Kunst zu machen ist jedenfalls keine!
Tatsächlich gibt es zwei Farbmedien, die ohne Kunststoff auskommen und im feuchten Zustand eine ähnliche Konsistenz haben wie Acrylfarbe.

Gouache 

Gouache ist eine wasserbasierte Farbe, die in vielen Aspekten Acrylfarben ähnlich ist. Die Farbe lässt sich auch beinahe wie Acryl verarbeiten - oder mit Wasser vermischt wie Aquarellfarbe, mit der sie tatsächlich eher verwandt ist.
Anders als Aquarell ist die getrocknete Farbe aber opak deckend und anders als Acryl lässt sie sich nach dem Trocknen mit Wasser wieder reaktivieren und lösen. Schon im Mittelalter wurde Gouache für die Buchmalerei verwendet und noch heute arbeiten Illustratoren und Designer gern mit den Farben. Getrocknet haben sie einen matten, kreidigen Touch. Sie werden aus Pigmenten, Kreidestaub und Gummi arabicum hergestellt. Gouache eignet sich besonders gut für Skizzen und spontane Entwürfe.

Tempera

Detailansicht der Gemäldes Geburt der Venus von Botticelli.

Botticelli malte seine Geburt der Venus mit Tempera auf Leinwand. | Botticelli painted his Birth of Venus with tempera on canvas.

Auch Temperafarben haben nach dem Trocknen eine samtige Oberfläche, die sich aber im Gegensatz zu Gouache nicht wieder anlösen lässt. Tempera sind die ältesten bekannten Farben und waren seit dem alten Ägypten das Mittel der Wahl für Künstler. Erst im Laufe der Renaissance wurden sie durch Ölfarben abgelöst. Temperafarben sind sehr alterungsbeständig und behalten auch nach Jahrhunderten noch ihre Intensität.

Noch heute sind Mumienporträts aus dem letzten vorchristlichen und dem ersten nachchristlichen Jahrhundert erhalten, deren Farben noch immer strahlen.

Temperafarben haften auf einer Vielzahl von Untergründen. Neben den Pigmenten bestehen Temperafarben aus einem öligen und einem wässrigen Binder (beispielsweise Leinöl und Wasser) und einem Emulgator. In der Kunst sind dabei hauptsächlich Ei- und Kaseintempera von Bedeutung.

Der Umgang mit Temperafarben ist allerdings nicht leicht und erfordert Technik und Erfahrung. Die Farben lassen sich kaum miteinander vermischen und Farbübergänge sind nur schwer zu bewerkstelligen. Dazu kommt noch, dass sich die Farben anders verhalten, je nachdem Welches Pigment oder welcher Emulgator verwendet wurde und ob sie fett oder mager (überwiegt Öl oder Wasser in der Emulsion?) angerührt wurden.

Als wären das noch nicht genug Nachteile, verändern Temperafarben während des Trocknungsprozesses auch noch ihre Farbe. Meist werden sie heller und blasser. Da die zu verarbeitende Farbe nicht lange haltbar ist, muss sie in kleinen Gebrauchsmengen frisch angerührt werden.


Dementsprechend gibt es kaum fertige Temperafarbe zu kaufen - es sei denn, ihr wurden Konservierungsmittel zugefügt. Und da wären wir wieder beim Thema Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit.

Umweltverträgliche und nachhaltige Acrylfarbe

Bei meiner Recherche habe ich natürlich auch nach umweltverträglicher Acrylfarbe gesucht und bin fündig geworden. Immer mehr Hersteller von Kunstmaterialien machen sich auch Gedanken über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte. Ich habe vier gefunden, die auch bei Acrylfarben umdenken. Zwei davon produzieren in Deutschland.

Kreul Nature

Die Rezeptur der Kreul Nature Farbe besteht zu 84% aus nachhaltigen Rohstoffen natürlichen Ursprungs. Auch bei der Verpackung setzt Kreul auf recycelte und recycelbare Materialien. Die Farbe wird fair und nachhaltig in Deutschland hergestellt.

Es handelt sich nicht um Künstlerfarben, gedacht sind sie eher für DIY-Projekte. Das zeigt sich auch an der Farbpalette. Die 12 Farben sind zwar durchaus schön, aber ungemischte Primärfarben sind nicht enthalten. Das schränkt die Möglichkeiten beim Farbmischen ein. Schwierig finde ich auch die Angaben zur Rezeptur. Die ist natürlich geheim - das ist verständlich und bei allen 4 Herstellern so. Aber 84% nachhaltige Rohstoffe aus natürlichem Ursprung, was fange ich damit an? Woraus sind die restlichen 16% und natürlichen Ursprungs ist nicht gleichbedeutend mit ungefährlich! Blei ist schließlich auch natürlichen Ursprungs.

Die Farbe wird auch in einem Set von 4 Farben verkauft. Als kleiner Zusatzpunkt wird für jedes zweite verkaufte Set ein Baum gepflanzt.

Marabu Green

Marabu Green ist eine Alkydfarbe auf Pflanzenölbasis. Der Anteil an Rohstoffen natürlichen Ursprungs liegt hier sogar bei mindestens 92%. Auch Marabu setzt bei der Verpackung auf das Prinzip, weniger ist mehr und verwendet vorwiegend recycelte und recycelbare Materialien. Die Farbe ist vegan und wird klimaneutral in Deutschland hergestellt.

Auch bei der Marabu Farbe wissen wir leider nicht, woraus die restlichen 8% bestehen. Marabu nennt sie als geeignet für Kunst-, Hobby- und Upcyclingprojekte. Die Farbpalette umfasst 24 Farben (inkl. Primärfarben) und bietet damit schon einen größeren Spielraum.

Natural Earth Paint

Die Produkte von Natural Earth Paint besteht ausschließlich aus reinen, natürlichen Erd- und Mineralpigmente und organischen Inhaltsstoffen. Dabei wird auf Konservierungsstoffe, Schwermetalle, giftige Lösungsmittel, Plastik und Füllstoffe vollständig verzichtet. Entwickelt wurde die Farbe von der in Oregon lebenden Künstlerin Leah Fanning. Die damals schwangere Künstlerin wollte in ihrem Atelier die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes schützen und gleichzeitig die Umwelt schonen.

Entstanden sind seither zwei Produktlinien. Eine Linie mit ungiftigen Farben für Kinder und eine Linie mit hoch-pigmentierten Farben mit höchstem Künstleranspruch. Man kann wählen zwischen fertig gemischten Farben und reinen Farbpigmenten, die man mit einem pflanzenbasierten Acrylbinder selbst anrührt. Die Farbpalette erweitert sich ständig.

Placylicâ„¢

Placrylic™ ist ebenfalls eine natürliche Alternative zu Acrylfarben. Die Farbe ist 100 % plastikfrei, meeresfreundlich und ungefährlich in der Anwendung. Entwickelt wurde sie 2020 während der Pandemie von der englischen Malerin und Chemikerin hana speziell für die Bedürfnisse von Künstler:innen mit einem Bewusstsein für Umwelt- und Gesundheitsfragen.

Die Farben bestehen aus reinen Farbpigmenten und einem auf natürlichen Harzen basierenden Binder, die selbst angerührt werden müssen. Zurzeit umfasst die Farbpalette 8 Farben.

Kein Plastik mehr: Weitere Schritte für umweltbewusstes Malen

Durch meinen Arbeitsprozess konnte ich meine Kunst wieder ein Stückchen nachhaltiger gestaltet. In Zukunft werde ich, wo immer es geht, auf herkömmliche Acrylfarbe verzichten. Allerdings werde ich die Farben, die ich besitze, nicht einfach wegwerfen. Das entspräche nicht meinen Vorstellungen von Nachhaltigkeit. Ich werde aber keine kunststoffbasierte Farbe mehr nachkaufen.

Ob Qualität und Eigenschaften den eigenen Ansprüchen genügen, kann man nur selbst ausprobieren. Mich überzeugen die Konzepte der Natural Earth Paint und Placylic™ Farben. Beide sind plastikfrei und für Künstleransprüche konzipiert. Da auch die Lieferkette eine Rolle spielt, werde ich die in Europa hergestellte Farbe testen, sobald ich neue Farbe brauche. Ich werde dann davon berichten.

Unterdessen werde ich weiter nach Möglichkeiten suchen, meine Kunst nachhaltiger zu gestalten. Was ist mit dir? Ist dir das Thema nachhaltig malen wichtig? Hast du vielleicht schon umweltfreundliche Farben getestet? Und wie entsorgst du dein Malwasser? Ich freue mich, von dir zu hören.

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About the Author Lea Finke

Lea Finke ist Künstlerin mit ganzer Seele. In ihrem Blog erzählt sie von Inspiration, Leidenschaft und der Begegnung mit Kunst.

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