Jetzt, da der Frühling lockt, haben Stefan und ich unsere morgendlichen Waldspaziergänge wieder aufgenommen. Zurzeit liegen noch viele abgebrochene Zweige und Äste auf den Wegen. Mir gefallen ihre knorrigen Formen, deshalb habe ich sie mir genauer angesehen und ein paar gesammelt.
Zuhause angekommen, habe ich meine Sammlung genauer unter die Lupe genommen und überlegt, was ich damit anstellen könnte. Die Idee, aus Zweigen, Blättern und Steinen Mark-making Tools zu basteln, die ich dann zum Zeichnen und Malen verwenden könnte, lag bei mir schon länger in der Luft. Gesagt, getan - Herausgekommen sind dabei ein paar einzigartige Werkzeuge, die ich anschließend ausgiebig getestet habe.
Mark-Making: Die Kunst des Wilden und Freien
Bevor ich mehr über meine Erfahrungen mit den selbstgemachten Mark-making Tools erzähle, möchte ich kurz auf den Begriff Mark-Making eingehen. Was ist das überhaupt?
Der Begriff hat seinen Ursprung in der Abstrakten Kunst. Es geht darum, die Handlung des Malens selbst und die physischen Spuren, die dabei auf der Leinwand hinterlassen werden, in den Vordergrund zu stellen. Man könnte ihn mit "Zeichen setzten" oder "Spuren hinterlassen" übersetzen. Darum geht es. Jede Berührung des Malgrundes mit deinem Malwerkzeug hinterlässt eine Spur.
Diese Spuren oder Markierungen sollen eine bestimmte Stimmung oder Atmosphäre erzeugen. Es kann sich dabei um Linien, Punkte, Kratzer, Schattierungen oder andere Formen handeln.
Besondere Werkzeuge sind im Grunde nicht notwendig. Marks kann man mit einem Bleistift oder Kugelschreiber genauso hinterlassen, wie mit einer gefundenen Feder. Die Zeichen können kontrolliert ausgeführt sein oder locker und spontan, gestisch oder akkurat. Es kommt nur darauf an, was man ausdrücken möchte. Mir geht es darum, Emotionen auszudrücken, Geschichten zu erzählen.
Ich will gewohnte Muster durchbrechen. Wenn man den Stift nicht mehr so hält, als wolle man damit schreiben, liegt er ganz anders in der Hand, nicht mehr so kontrolliert. So erzeugt er ganz andere Linien. Aha, mein Pinsel hat ja auch einen Stil, mit dem kann ich ebenfalls "malen"! Was passiert eigentlich, wenn ich Wasser in die feuchte Farbe sprühe, die Leinwand aufrecht stelle und die Farbe laufen lasse?
So! Ich mag es, wenn meine Arbeitsabläufe nicht bis ins Kleinste planbar sind. So versuche ich Tiefe, Dimensionalität und Dynamik in meinen Bildern zu erzeugen. Die Verwendung von unbekanntem oder zweckentfremdetem Materialien und Werkzeugen kann dabei sehr hilfreich sein und das nutze ich schon seit Jahren. Unser Tortenheber findet sich schon lange nicht mehr in unserer Küchenschublade, sondern in meinem Atelier.
Upcycling im Wald: Kunstwerke aus gefundenen Materialien
Zunächst habe ich also meine Ausbeute begutachtet. Ich hatte jede Menge Zweige und kleinere Äste, einen sehr schönen Kieselstein - wo der wohl her kam? Ein bisschen Mulch vom Wegrand, eine hübsche, abgebrochene Dolde und ein paar Dornenzweige. Zusätzlich habe ich meine Bestände durchwühlt nach Dingen, die ich auch gebrauchen könnte und habe mich für einen alten Schwamm und einen Bambuskiel entschieden.
Nun konnte es eigentlich losgehen. Aber vorher habe ich noch Leim, Gummibänder, Stoffreste, Schere und Bastelmesser und verschiedene Bänder und Schnüre zurechtgelegt.
Aus den Zweigen wollte ich eine Art "Hexenbesen" machen. Das war zum Teil ganz schön friemelig. Ich nahm einen kleineren Ast, drumherum befestigte ich Zweige mit Leim, die ich dann mit Schnur, bzw. Stoffresten fixierte. Andere Zweige habe ich nur mit einem Griff versehen, an einem habe ich den Schwamm befestigt. Einige Materialien habe ich einfach belassen, wie sie waren und den Bambuskiel habe ich spitzer geschnitzt.
Am Abend waren meine Finger verklebt, aber ich war durchaus nicht unzufrieden mit meinen Ergebnissen. Die Kombination aus Naturmaterialien und Selbstgemachtem ergab einzigartige und individuelle Werkzeuge, die ich so in keinem Kunstgeschäft finden würde.
Wenn du auch deine eigenen Mark-making Tools basteln möchtest, empfehle ich dir, zunächst eine Auswahl an Materialien zu sammeln, die dich ansprechen. Sei offen für die Schönheit und Vielfalt der Natur und lass dich von deiner Kreativität leiten. Anschließend kannst du die Materialien nach Belieben kombinieren und mit Leim, Stoffresten oder Bändern dekorieren, um einzigartige Mark-making Tools zu kreieren.
Das große Testen: Über Stock und Stein zum Kunstwerk?
Das Herstellen der Tools war aber erst der halbe Spaß. Jetzt ging es ans Testen. Dabei wurde mir klar, dass ich mit diesen einfachen Werkzeugen unglaublich vielseitige Ergebnisse erzielen kann.
Jedoch haben nicht alle Mark-making Tools gut funktioniert. Die Dornen haben sich zum Beispiel gar nicht zum Auftragen von Farbe geeignet. Als ich sie durch die Tinte zog, fand ich die Spuren aber durchaus interessant. Apropos Tinte, für den Test habe ich India Ink von Sennelier und 300g schweres, grob strukturiertes Aquarellpapier von Römerturm verwendet.
Auch die Spuren, die die Äste hinterlassen, gefielen mir nicht so sehr, aber auf einer größeren Leinwand könnten sie gut funktionieren. Gut gefallen haben mir die Spuren, die der Schwamm hinterlassen hat, so richtig schön satt. Da kann man auch gut mit der Menge der Farbe/Tinte variieren.
Auch die Spuren der Dolde haben mir gut gefallen, allerdings hat sie schon beim ersten Versuch gekrümelt. Es wird sich zeigen, wie lange ich sie nutzen kann. Die Spuren des Steins sind nicht sehr variabel, aber schön. Der Mulch funktioniert sehr gut. Insgesamt sind schöne, interessante und unerwartete Muster und Texturen entstanden. Ich hatte viel Spaß beim Experimentieren und werde sicher das eine oder andere Werkzeug in meiner Kunst verwenden.
Die Kunst des Selbermachens: Mein Fazit
Die Herstellung und Verwendung meiner eigenen Mark-making Tools hat wirklich Spaß gemacht und war sehr inspirierend. Dass man aus einfachen Materialien und Gegenständen, die man im Alltag findet, tolle Werkzeuge basteln - und mit diesen dann interessante Strukturen, Muster und Texturen erzeugen kann, wusste ich schon lange. Und doch war es schön, mich nochmal daran zu erinnern.
Ich habe die verschiedenen Mark-making Tools ausgiebig getestet und war überrascht, dass die Ergebnisse zumeist ganz anders ausgefallen sind, als ich erwartet hatte. Meine selbstgemachten Tools werde ich auf jeden Fall weiterverwenden. Und auf meinen Spaziergängen werde ich weiter die Augen offenhalten. Nach möglichem Kunstmaterial, aber vor allem für die Schönheit, die Ruhe und die Inspiration, die mir die Natur schenkt.
Hast du noch Tipps für mich? ich würde mich freuen, wenn du deine Ideen mit mir teilst.