Nach einer kleinen Pause freue ich mich umso mehr, meine Interview-Reihe heute fortzusetzen. Diesmal hat Heiko Metz sich mit meinen Fragen auseinandergesetzt. Heiko ist Theologe, Autor und Dozent – und nebenbei leidenschaftlicher Bücherwurm. Mit seiner Familie lebt er in Marburg und beschäftigt sich intensiv mit Themen rund um Spiritualität und Alltag.
In seinem Konzept der „Alltagsmystik“ verbindet er tiefe Gedanken mit praktischen Impulsen – immer mit einem Blick für das echte Leben, inklusive seiner eigenen Erfahrungen mit Burn-out und als Teil einer behinderten Familie. Ein Interview über innere Ruhe, Krisen als Wendepunkte und die kleinen spirituellen Momente des Alltags.
Vorstellung
Wie ist dein Name?
Heiko Metz.
Wo lebst du?
Mitten in Deutschland, im überaus schönen Marburg. Und das sogar mit Schlossblick.
Welche Art von Kunst/Kreativität machst du hauptsächlich?
Worte sind mein Material. Meine Kunst entsteht in Sätzen, die berühren, in Texten, die ein Stück Himmel in den Alltag bringen.
Ich schreibe Blogartikel – über unser Leben als behinderte Familie, über das gute Leben, über Burnout-Prophylaxe und -bewältigung. Über Alltagsmystik und Erlebnisspiritualität. Über die großen Fragen und die kleinen Momente, in denen man Gott spüren kann.
Jeden Tag entstehen Segenstexte und Gebete, die ich auf Instagram teile – frisch, nahbar, mitten aus dem Leben heraus. Und dann sind da noch die Gedichte. Mal in freien Versen, mal ganz klassisch, aber immer mit dem Versuch, etwas Unsichtbares sichtbar zu machen.
Dazu kommen Bücher, Buchbeiträge, christlich-spirituelle Impulse und Meditationstexte. Kurz: Alles, was Worte in Bewegung bringt.
Hast du eine formale Ausbildung absolviert oder bist du Autodidaktin?
Ja und nein. Ich habe keine klassische Ausbildung als Schriftsteller oder Journalist – noch nicht. Aber genau das ändert sich gerade. Ich stecke mitten in einer Journalismus-Weiterbildung, weil ich meine Kunst noch mal schöner und treffender machen will.
Was ich aber mitbringe, ist ein Studium der evangelischen Theologie. Und das ist tatsächlich eine ziemlich gute Grundlage für das Schreiben. Denn Theologie bedeutet nicht nur, über Gott nachzudenken, sondern vor allem, mit Texten zu arbeiten – sie zu lesen, zu interpretieren, in neue Zusammenhänge zu bringen. Und ich habe während des Studiums gefühlt 200.000 Bücher und Artikel gelesen … und mindestens 77.777 Texte selbst geschrieben.
Wissenschaftlich, populär, pastoral. Predigten, Gebete, Seelsorge-Texte. Texte für Hochzeiten und Beerdigungen, für Menschen mitten im Leben und solche, die mit Gott gerade auf Kriegsfuß stehen. All das hat mich geprägt. Und heute hilft mir genau diese Erfahrung: Texte so zu schreiben, dass sie nicht nur informieren, sondern auch berühren.
Wo kann man deine Arbeiten sehen? Hast du eine Website oder Social-Media-Profile, die du teilen möchtest?
Website: https://heiko-metz.de
Instagram:@heikometz

Du bist kreativ. Warum?
Wie bist du zur Kunst gekommen? Wo hat deine kreative Reise begonnen?
Meine kreative Reise begann mit Worten. Oder vielleicht eher mit dem Bedürfnis, das Unaussprechliche auszudrücken.
Schreiben gehört für mich zum Leben dazu – so selbstverständlich wie Atmen. Es ist meine natürlichste Ausdrucksform, der Ort, an dem ich am klarsten denken, fühlen und verstehen kann. Während gesprochene Worte oft flüchtig sind, gibt mir das Schreiben die Möglichkeit, Tiefe zu schaffen, Gedanken zu ordnen, Bedeutung zu verweben.
Vielleicht hat es mit Tagebüchern begonnen, mit wilden Notizen auf Servietten oder losen Blättern. Mit Fragen, die mich nachts wachgehalten haben. Und irgendwann wurde aus diesen Fragmenten etwas Größeres: Blogartikel über das Leben mit einer behinderten Familie, über das gute Leben, über Burnout und Spiritualität. Gebete und Segensworte, die ich mit anderen teile. Gedichte, die versuchen, das Unsichtbare spürbar zu machen.
Ich liebe es, mit Sprache zu spielen – neue Worte zu erfinden, Bedeutungsebenen neu zu verdrahten, mit Form und Klang zu experimentieren. Schreiben ist für mich eine Art schöpferischer Prozess: Ich erschaffe etwas, das ein Stück von mir trägt und zugleich für andere da ist. Etwas, das hoffentlich schön ist. Berührend. Vielleicht sogar ein klein wenig Welt verändernd. Manchmal ist es dann tatsächlich Kunst.
Schreiben ist für mich mehr als ein Handwerk. Es ist ein geistlicher Weg. Eine Art, Gott zu suchen – und ihn manchmal in einem einzigen Satz zu finden.
Was inspiriert dich?
Ich finde Inspiration überall – in der Natur, in Begegnungen, im Alltag. In den großen Geschichten und den kleinen Momenten, die oft übersehen werden.
Die Natur ist für mich eine unerschöpfliche Quelle. Sie erzählt von Wandlung, von Kreisläufen, vom Ineinandergreifen des Großen und Kleinen. Vom Bergpanorama, das mich ehrfürchtig staunen lässt, bis zu den feinen Linien auf einem Blatt. Von der Weite des Meeres bis zum emsigen Treiben in einem Ameisenhaufen. Die Knospen im Frühling, das Farbenspiel des Herbstes, die zarten Eisblumen im Winter – all das erinnert mich daran, dass Leben ständige Veränderung ist und doch eine tiefe Beständigkeit in sich trägt.
Inspiration finde ich auch in Menschen. Vor allem in Kindern. Weil sie echt sind. Weil sie sich mit offenen Augen und staunendem Herzen auf die Welt einlassen. Sie entdecken Geschichten, die wir Erwachsenen längst übersehen. Und oft erzählen sie diese Geschichten mit einer Ehrlichkeit und Begeisterung, die mich herausfordert, das Leben mit neuen Augen zu sehen.
Und dann ist da meine Familie. Die Menschen, mit denen ich am engsten verbunden bin. Liebe schreibt die schönsten, lustigsten, tiefsten, aber auch schmerzhaftesten Geschichten. Sie fordert heraus, hält den Spiegel vor, schenkt unvergessliche Momente und das größte Fest des Lebens.
Und schließlich: Gott. Der Schöpfer all dieser Geschichten. Der Hoffnung sät, wo alles verloren scheint. Der Licht und Wärme in die Welt hineinliebt – an den unmöglichsten Orten, zu den unerwartetsten Zeiten. Der mich immer wieder überrascht und dessen Abenteuer ich nicht nur erleben, sondern auch weiterschenken möchte – in Worten, die berühren, trösten und inspirieren.

Gibt es bestimmte Künstler oder Stile, die dich beeinflussen?
Oh ja – Worte prägen Worte. Und manche begleiten mich schon ein Leben lang.
Christina Brudereck fasziniert mich mit ihrer sanften Wortgewandtheit. Sie schreibt mit einer Poesie, die tröstet, ohne kitschig zu sein, die berührt, ohne aufdringlich zu werden. Ihre Texte haben etwas von einem guten Gespräch – eins, bei dem man sich verstanden fühlt, auch wenn man selbst noch nicht die richtigen Worte gefunden hat.
Hans Dieter Hüsch ist ein Meister darin, mit einfachen Worten eine ganze Welt zu erschaffen. Ich lese ihn – und finde mich wieder. Und wenn ich ihn später noch einmal lese, entdecke ich mich neu. Seine Texte sind wie gute Freunde: Sie bleiben dieselben, aber sie wachsen mit mir.
Astrid Lindgren hat mich schon als Kind begeistert – und tut es heute noch. Sie erzählt Geschichten, die nicht nur für Kinder geschrieben sind, sondern aus Liebe zu ihnen. Sie erschafft Welten, in denen Kinder die Helden sind – stark, eigenwillig, mutig und voller Fantasie. Ihre Art zu erzählen, hat mich tief geprägt.
Henri Nouwen bewundere ich für seine Klarheit. Seine Worte sind einfach – aber nicht flach. Tief, aber nicht kompliziert. Er schafft es, in wenigen Sätzen das Herz zu treffen, zum Nachdenken, zum Fühlen, zum Wachsen zu bringen.
Und dann sind da noch so viele andere. Wortliebhaber:innen, Sprachakrobaten, stille Poetinnen und laute Denker. Manche begleiten mich nur kurz, andere sind alte Freunde im Geist. Aber alle haben Spuren hinterlassen – in meinen Worten, in meinen Gedanken, in meiner Art zu schreiben.

Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Welche Materialien und Werkzeuge verwendest du am liebsten und warum?
Es beginnt mit einem leeren Blatt in meinem Notizbuch. Mit meinem Lieblingsfüller, der genau richtig über das Papier gleitet. Oder mit meiner Notiz-App auf dem MacBook, wenn die Gedanken schneller fließen als die Hand schreiben kann.
Und dann: Worte fließen lassen. Erst roh, ungefiltert. Liegen lassen. Mit ihnen spazieren gehen. Mit ihnen Kaffee trinken. Sie mal so wenden, mal anders sortieren. Neue Ideen einfließen lassen. Durchstreichen, neu schreiben, Blätter rausreißen und zerknüllen – manchmal auch wieder glatt streichen und zurücklegen.
Mein Schreibprozess ist nicht linear. Texte begleiten mich, während ich durch den Alltag gehe. Ich betrachte sie aus verschiedenen Perspektiven, lasse sie wachsen, atmen, sich verändern. Und irgendwann kommt dieser Moment: Jetzt ist es mein Text. Jetzt sagt er genau das, was gesagt werden wollte.

Gibt es ein bestimmtes Projekt oder Werk, das dir besonders viel bedeutet?
Immer das aktuelle 😉
Wie wichtig ist dir die Verbindung und Interaktion mit anderen Künstler:innen und Kreativen?
Sehr wichtig – und gleichzeitig oft schwer aufrechtzuerhalten. Kreativität kann einsam machen, aber sie braucht auch Resonanz. Austausch, Reibung, das gemeinsame Ringen um das Beste.
Ein großer Vorteil der schreibenden Zunft ist: Ich kann immer von anderen lesen. Ihre Worte begleiten mich, inspirieren mich, fordern mich heraus – selbst wenn ich ihnen nie persönlich begegne. Aber wann immer es möglich ist, suche ich den direkten Austausch: das Hin und Her zwischen Autor:in und Lektor:in, die gemeinsame Suche nach der treffendsten Formulierung, die Magie, wenn aus Einzelideen ein gemeinsames Werk entsteht.
Doch insgesamt ist es noch zu wenig. Es gibt diese Sehnsucht nach mehr Verbindung, nach kreativen Gesprächen, nach echtem Miteinander. Vielleicht ist das ein Weg, den ich noch weitergehen muss – mehr Räume für Austausch zu schaffen, mehr von meiner eigenen Einsamkeit in Gemeinschaft zu verwandeln.
Was bedeutet Kunst für dich? Welche Rolle spielt sie in deinem Leben?
Kunst ist für mich Widerstand und Trost zugleich. Sie ist der Beweis, dass Schönheit selbst im schlimmsten Chaos existiert. Dass mitten in Dunkelheit Licht aufblitzen kann, mitten im Lärm eine Melodie hörbar wird, mitten in der Krise etwas entsteht, das nicht nur aushält, sondern verwandelt.
Ich brauche Kunst in meinem Leben, weil sie mich daran erinnert, dass Gott diese Welt bunt, schön und wunderbar gemacht hat. Dass Schönheit keine Randnotiz ist, sondern ein Versprechen. Ein Stück Himmel mitten im Alltag. Kunst lädt mich ein, das zu sehen, zu hören, zu fühlen, zu schmecken – und selbst daran mitzuwirken.
Manchmal ist Kunst groß und überwältigend. Manchmal leise und fast unscheinbar. Sie kann in einem Lied stecken, das genau im richtigen Moment erklingt. In einem Satz, der eine Wunde heilt. In einer Farbe, die Hoffnung malt. Und oft entsteht sie genau dort, wo man sie nicht erwartet – in einer flüchtigen Begegnung, einem ehrlichen Gebet, einem Text, der etwas in Bewegung bringt.
Kunst macht die Welt nicht nur erträglicher. Sie macht sie besser. Einfach, weil sie da ist.

Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Kunst in der Gesellschaft?
Welche Aufgaben haben Künstler:innen in der Gesellschaft?
Kunst ist mehr als Unterhaltung. Sie ist Spiegel und Widerstand, Trost und Aufbruch. Sie hilft uns, das Unsagbare auszudrücken, das Unfassbare zu begreifen und das Unmögliche zu erträumen. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich ihre wahre Kraft – sie hält fest, was zerbricht, und gibt eine Sprache, wo Worte fehlen.
Künstler:innen sind Seismografen der Gesellschaft. Sie spüren das, was sich anbahnt, noch bevor es greifbar ist. Sie legen den Finger in Wunden, die niemand sehen will, und machen Hoffnung sichtbar, wo sie verloren schien. Sie erzählen Geschichten, die verbinden – zwischen Menschen, Generationen, Welten.
Kunst darf verstören und irritieren. Sie darf beruhigen und heilen. Sie darf laut oder leise sein, politisch oder zutiefst persönlich. Aber immer hat sie die Kraft, etwas zu verändern.
In einer Welt, die oft funktional denkt, erinnert Kunst daran, dass wir mehr sind als nur unser Nutzen. Dass wir Schönheit brauchen. Dass Kreativität nicht Luxus ist, sondern Lebensnotwendigkeit. Sie schafft Räume, in denen wir fühlen, erinnern, fragen, träumen können. Und vielleicht ist genau das ihre wichtigste Aufgabe: Uns immer wieder daran zu erinnern, dass wir Menschen sind.

Welche Themen sind dir wichtig?
Gibt es ein Thema oder eine Botschaft, die du in deiner Kunst transportieren möchtest?
Meine Worte tragen eine Botschaft: Du bist wertvoll. Nicht, weil du etwas leistest, sondern einfach, weil du bist. Geliebt – von Gott, von Menschen, vom Leben selbst.
Inklusion, Gleichberechtigung, Solidarität – das sind keine abstrakten Begriffe für mich, sondern eine Haltung. Ein gutes Miteinander ist mehr als das Nebeneinander von Einzelnen. Es ist ein buntes, lebendiges Geflecht aus Vielfalt, das mehr erschafft, als wir alleine oder im Gleichklang je könnten.
Ich schreibe über Menschen und ihre Geschichten. Über Familie – meine eigene und die große Familie Mensch. Über die Sehnsucht nach Frieden, nach Verbundenheit, nach einer Welt, in der niemand übersehen oder zurückgelassen wird.
Und immer wieder schreibe ich über das, was mich selbst trägt: Die tiefe Gewissheit, dass Liebe das letzte Wort hat. Dass Gott an unserer Seite geht – in Höhen und Tiefen, in Licht und Dunkel. Dass es ein gutes Leben gibt, auch mitten in den Herausforderungen. Und dass wir alle Teil davon sind.
Vielen Dank, Heiko!
Deine Chance: Werde Teil meiner Interviewreihe!
Wenn du selbst Künstler:in oder Kreativschaffende:r bist, ganz gleich, ob du in der Malerei, Musik, Literatur oder einer anderen Form der Kunst, und Lust hast, über deine Arbeit und deinen kreativen Prozess zu sprechen, dann melde dich gerne bei mir.
Ich freue mich darauf, in meiner Interview-Reihe die Vielfalt der kreativen Ausdrucksformen zu zeigen und von deinen Perspektiven und Erfahrungen zu lesen.