April 16, 2025

Sandra Stops erzählt Geschichten mit Bildern – leise, ehrlich und mit viel Gefühl. Ihre Arbeiten entstehen oft intuitiv und zeigen, dass Klarheit und Tiefe kein Widerspruch sein müssen.

Ihre Arbeiten laden zum Innehalten ein, ohne aufdringlich zu sein. Dabei geht es ihr weniger um große Gesten, sondern um das, was zwischen den Zeilen mitschwingt.

Vorstellung

Wie ist dein Name?
Hallo. Ich heiße Sandra Stops.

Wo lebst du?
Mein Lebensmittelpunkt ist Berlin.

Welche Art von Kunst/Kreativität machst du hauptsächlich?
Ich bin freiberufliche Malerin.

Hast du eine formale Ausbildung absolviert, oder bist du Autodidakt:in?
Meine Fähigkeiten und Techniken habe ich mir weitgehend durch eigene Initiative, viel Herumprobieren und intensives Selbststudium angeeignet – ohne dabei auf eine formale, institutionelle Kunstausbildung zurückzugreifen. Im Laufe der Jahre habe ich sehr viele Kurse besucht und immer wieder länger mit einzelnen Lehrenden zusammengearbeitet.

Wo kann man deine Arbeiten sehen? Hast du eine Website oder Social-Media-Profile, die du teilen möchtest?
Meine Arbeiten kann man zunächst einmal auf meiner Webseite und über meinen Instagram-Account entdecken. Darüber hinaus öffne ich immer wieder mein Atelier für Besucher:innen – dieses Jahr am 4. Mai 25 von 14 bis 18 Uhr – und dann gibt es immer wieder Ausstellungen, an denen ich teilnehme. Meine letzte Soloausstellung in Berlin ist gerade erst vorbei. Wer Interesse hat, meine Arbeiten zu sehen, dem empfehle ich mir zu folgen – am besten wäre der Newsletter, dort teile ich alle wichtigen Termine.

Künstlerin Sandra Stops | Foto: Paula Lüdke 2024

Du bist kreativ. Warum?

Wie bist du zur Kunst gekommen? Wo hat deine kreative Reise begonnen?

Meine kreative Reise begann schon früh, eigentlich habe ich stets viel gezeichnet und gemalt – gerne auch im Schulunterricht, weil ich häufig unterfordert war. Das Zeichnen hat mich beschäftigt. Mit 17 habe ich dann den Film „Le Mystery Picasso“ von Cluzet gesehen und wusste, das will ich auch: Ich will malen wie Picasso – mit seiner Spielfreude, Entdeckungslust und Fabuliererei. Meine ersten Porträts zeigten dann auch seinen kahlen Kopf und sein charmantes Lächeln.

Was inspiriert dich?

Eigentlich inspiriert mich alles und gleichzeitig nichts. Ich beobachte sehr gern Menschen, vertiefe mich in Geschichten und nehme intensiv wahr. Von Rilke stammt ein passendes Zitat – „Die meisten Menschen wissen nicht, wie schön die Welt ist und wie viel Pracht in den kleinsten Dingen, in irgendeiner Blume, einem Stein, einer Baumrinde oder einem Birkenblatt sich offenbart....“ Ich bin mit all meinen Sinnen unterwegs – Gerüche tragen einen fort, Geräusche schicken einen auf die Reise, die Augen wandern, der Körper spürt â€¦ Bewegung und Tanz regen an, Musik hebt die Stimmung oder gibt einem das Gefühl getragen zu sein, Gesang vereint. Selbst Fragen können inspirierend sein – wenn sie gut sind.

Atelier

Gibt es bestimmte Künstler oder Stile, die dich beeinflussen?

Mmmh, ich habe eine ganz gute Sammlung an Bildbänden anderer Kunstschaffender zu Hause und auch in meinem Atelier – manche sind sehr bekannt, andere sind eher Zufallsentdeckungen. Die Arbeiten von Helene Scherfbeck, Paula Modersohn-Becker und Joan Mitchell schaue ich mir immer wieder gern an. Aber auch die Fauvisten sind spannend, genau wie Cezanne, Monet, Delauny, Gentilesi und Laserstein. Zeitgenössisch würde ich aktuell Jenny Saville nennen, aber auch Chantal Joffe und Elizabeth Peyton. Dazu gehe ich gern in Ausstellungen und Museen und bin offen und neugierig auf das, was dort präsentiert wird, und hoffe immer, dass sich darunter viele Arbeiten von Künstlerinnen befinden.

Im Atelier

Wie sieht dein kreativer Prozess aus? 

Mein kreativer Prozess ist ein offener Prozess. In der Regel habe ich ein Thema, eine Idee oder eine Frage im Kopf, aber kein konkretes Bild. Die Motive entwickeln sich im Laufe des Prozesses. Dabei experimentiere ich sehr viel, denn ich bemühe mich, für jedes Thema eine eigene visuelle Sprache zu finden. Das gelingt mir, indem ich sehr viel ausprobiere, anders mache als bisher und immer wieder über meinen Prozess und die Arbeiten reflektiere. Langes Anschauen von Arbeiten gehört unbedingt dazu. Am liebsten habe ich, wenn ich viele Tage hintereinander konzentriert an einem Thema arbeiten kann. Wenn ich parallel dazu Austausch mit anderen Kreativen habe, ist es nahezu optimal. Und dann lasse ich mich auf den Prozess ein, auch wenn das bedeuten kann, dass nichts „Brauchbares“ dabei herauskommt. Ein bisschen Risiko ist immer.

Arbeit im Skizzenbuch | Foto Paula Lüdke

Welche Materialien und Werkzeuge verwendest du am liebsten und warum?

Meistens arbeite ich auf möglichst dickem Papier, weil das intensiver Bearbeitung standhält. Gerade am Anfang einer neuen Serie ist Papier für mich das bessere Medium. Es ist flach, stapelbar und in vielen Formaten verfügbar. Erst später im Prozess kommen bespannte Keilrahmen dazu. Ich nutze Acrylfarbe und Pinsel, Aquarellstifte, Graphitstifte und auch gerne selbstgebaute „Pinsel“ oder schlicht meine Hände. Gleichzeitig bin ich offen für andere Materialien: Mamormehl finde ich spannend, Skalpelle ebenso … Da entdecke ich immer wieder Neues und bin ich noch lange nicht am Ende.

Gibt es ein bestimmtes Projekt oder Werk, das dir besonders viel bedeutet?

Ich würde sagen, die aktuelle Serie liegt mir jeweils besonders am Herzen. Gerade ist ja meine große Einzelausstellung „An den Adern des Lichts“ in Berlin zu Ende gegangen und ich habe viele Gespräche mit BesucherInnen geführt. Bei den Eröffnungen ist es wie bei einer Filmpremiere: meist ist der Film ja schon lange abgeschlossen, wenn die Arbeit an der Promotion des Films läuft. Ganz geht der Vergleich nicht auf, denn ich bin ja keine Blogbuster-Künstlerin, aber über die eigene Kunst zu sprechen, gehört nun einfach dazu. In meinem Kopf bin ich allerdings meistens bereits ganz woanders – bei den aktuellen Arbeiten. Richtig spannend wird es, wenn verschiedene Arbeiten zeitgleich in unterschiedlichen Ausstellungen zu sehen sind â€¦
Dennoch gibt es eine Werkserie, die mir viel bedeutet, naja eigentlich sind es drei: meine Serie Unveiled fury über die Wut der Frauen, meine Serie über den Trost liebevoller Gesten und meine ganz neuen Arbeiten, bei denen es um Körperlichkeit, das Be-Greifen und Fragen der Identität geht.

Sandra Stops: Katia Triptychon aus der Serie "Unveiled Fury: Eine Ode an die Wut der Frauen, 2023

Was war die größte Herausforderung, die du als Künstler:in bisher überwinden musstest?

Die größte Herausforderung ist zweifelsohne die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gibt nie genug Zeit, um im Atelier ungestört und unbegrenzt arbeiten zu können. Der kreative Prozess hat seinen eigenen Zauber und seine eigene Zeit, die sich beide nicht am Druck von außen oder an vielfältigen Verpflichtungen orientieren.
Eine große Herausforderung finde ich auch, mich selbst zu zeigen. Es ist so viel bequemer, sich hinter den eigenen Arbeiten zu verstecken; es kostet Überwindung, die eigene Scheu und Unsicherheit zu überwinden und selbst auch präsent zu sein.

Sandra Stops: GETEILTES LEID III. 2021, Mischtechnik auf Papier, 70 x 100 cm

Sandra Stops: GETEILTES LEID I, 2021, Mischtechnik auf Papier, 100 x 70 cm

Wie wichtig ist dir die Verbindung und Interaktion mit anderen Künstler:innen und Kreativen?

Interaktionen mit anderen Kreativen und Kunstschaffenden sind mir super wichtig! Egal ob im persönlichen Austausch oder über Jahrhunderte hinweg mit Hilfe eines Buches – es sind unschätzbare Verbindungen, die bei so vielem helfen. Durch Gespräche und gemeinsame Projekte komme ich auf andere Ideen und gewinne verschiedene Perspektiven. Der Kontakt hilft mir, meine eigenen Arbeiten zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Doch es gibt in meinem Prozess stets auch Phasen, wo ich völlig ungestört sein will. Dann mag ich noch nicht mal den Besuch von guten Freund:innen!

Tee und gutes Brot sind wichtig | Foto: Paula Lüdke

Pinselauswahl im Atelier

Was bedeutet Kunst für dich? Welche Rolle spielt sie in deinem Leben?

Kunst ist für mich weit mehr als ein schönes Gemälde oder ein ästhetisches Objekt. Sie ist ein Weg, mich selbst besser zu verstehen, die Welt um mich herum zu hinterfragen und um ins Gespräch zu kommen. Wenn ich künstlerisch arbeite, bin ich ständig dabei, meine Ideen zu transformieren, meine Gedanken zu reflektieren, mich und den Prozess zu beobachten, vieles zu hinterfragen, meine Überlegungen neu zu ordnen, mich selbst zu entdecken und neue Sichtweisen zu gewinnen. Marina Abramovich hat sinngemäß gesagt, dass Kunst eine Begegnung ist, ein Dialog, in dem sowohl die Künstlerin als auch die Betrachterin sich selbst entdecken. Ich verstehe Kunst als Raum für intensive, persönliche und transformative Erfahrungen. Aber sie ist auch ein Spiegel gesellschaftlicher Dynamiken und spielt in meinem Leben eine fundamentale Rolle, nicht nur, weil sie mir hilft, mich weiterzuentwickeln, sondern auch weil sie anregt, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kritisch zu reflektieren.

Foto: Paula Lüdke

Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Kunst in der Gesellschaft? 

Welche Aufgaben haben Künstler:innen in der Gesellschaft?

Wie bereits gesagt, kann Kunst auch ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und Probleme sein. Kunstschaffende können auf Schieflagen aufmerksam machen, können Katalysatoren sein für Veränderung und sie können uns einladen, andere Perspektiven einzunehmen, etwas aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Es erscheint mir sehr wichtig, sich selbst und die eigenen Annahmen immer wieder zu hinterfragen.

Ausstellungsansicht "An den Adern des Lichts", TAA Galerie Berlin Februar 2025

Welche Themen sind dir wichtig? 

Gibt es ein Thema oder eine Botschaft, die du in deiner Kunst transportieren möchtest?

Für meine Malerei – und auch für mein gesamtes Leben – habe ich zwei zentrale Fragestellungen, die über allem liegen und mein Schaffen leiten: Wer sind wir als Menschen? Wie wollen wir einander begegnen?
Fragen an das Leben zu haben und mit seinen Mitmenschen in Dialog zu treten, finde ich sinnstiftend und bereichernd und auch inspirierend – ja sogar eine Notwendigkeit. Und ich stelle mir stets vor, dass Menschen vor meinen Arbeiten stehen und eine Einladung zum Dialog annehmen – einen Dialog mit dem Werk oder mit sich selbst. Wenn Menschen sich berührt fühlen von einer meiner Arbeiten, finde ich das sehr schön.


Vielen Dank, Sandra!

Deine Chance: Werde Teil meiner Interviewreihe!

Wenn du selbst Künstler:in oder Kreativschaffende:r bist, ganz gleich, ob du in der Malerei, Musik, Literatur oder einer anderen Form der Kunst, und Lust hast, über deine Arbeit und deinen kreativen Prozess zu sprechen, dann melde dich gerne bei mir.
Ich freue mich darauf, in meiner Interview-Reihe die Vielfalt der kreativen Ausdrucksformen zu zeigen und von deinen Perspektiven und Erfahrungen zu lesen.


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About the Author Lea Finke

Lea Finke ist Künstlerin mit ganzer Seele. In ihrem Blog erzählt sie von Inspiration, Leidenschaft und der Begegnung mit Kunst.

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