Vor einigen Wochen hatte ich das große Glück, über eine inspirierende Gemeinschaft kreativer Menschen gestolpert zu sein. Dort kommen Menschen aus den unterschiedlichsten künstlerischen Bereichen zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen und auszutauschen. Die verschiedenen Blickwinkel auf oft ähnliche Problemstellungen haben meinen eigenen Blick geweitet. Das brachte mich auf die Idee, eine Interview-Reihe zu starten.
In den Interviews kommen talentierte Menschen zu Wort, von Newcomern bis zu erfahrenen Kreativen. Sie erzählen von ihrer Leidenschaft für die Kunst, ihren kreativen Prozessen, den Herausforderungen ihres Schaffens und ihren persönlichen Geschichten - die Kunstwelt durch die Augen jener, die sie gestalten.
Ich habe die große Freude, dass Nadine Achtelik sich für das erste Interview zur Verfügung stellt. Nadine und ich haben uns über die Community kennengelernt, und ich bin begeistert, dass sie sich bereit erklärt hat, meine Fragen zu beantworten.
Nadine ist eine außergewöhnliche Künstlerin, deren Bilder eine meditative und kontemplative Wirkung auf mich haben. Ich schätze ihre Arbeiten sehr und freue mich darauf, mehr über ihre künstlerischen Perspektiven zu erfahren.
Vorstellung
Wie ist dein Name?
Mein Name ist Nadine Achtelik.
Wo lebst du?
Ich lebe in Krefeld und war zuvor schon in einigen anderen Regionen von NRW zuhause.
Welche Art von Kunst/Kreativität machst du hauptsächlich? (Malerei, Skulptur, Fotografie, digitales Design, etc.)
Meine Schwerpunkte liegen in der Malerei und dem Zeichnen.
Hast du eine formale Ausbildung absolviert, oder bist du Autodidaktin?
Ich habe leider keine formale künstlerische Ausbildung. Alles, was ich kann, habe ich aus Büchern, Kursen (online und offline) sowie durch Experimentieren gelernt.
Wo kann man deine Arbeiten sehen? Hast du eine Website oder Social-Media-Profile, die du teilen möchtest?
Aktuell kann man einen Teil meiner Arbeiten auf Balthasart, Singulart und bei Instagram sehen.
Ich habe auch eine eigene, sehr rudimentäre Webseite. Dort zeige ich ein breiteres Portfolio, das auch ein bisschen einen Überblick über die Entwicklung der letzten Jahre abbildet, also auch Arbeiten, die ich nicht zum Verkauf anbieten würde.
*Titelbild: Voyage | Nadine Achtelik - Acryl auf Leinwand (80x80)
Du bist kreativ. Warum?
Wie bist du zur Kunst gekommen? Wo hat deine kreative Reise begonnen?
Seit der Kindheit begleitet mich die Musik, die ja auch zum kreativen Bereich gehört. Ich habe von klein auf Keyboard gelernt, sehr viel später etwas Schlagzeug und ein kleines bisschen Gitarre und Bass ausprobiert. Aber die Tasten sind immer mein Hauptinstrument gewesen. Neben Jahren in der Schulband, habe ich später auch in einer kleinen Rock-Band gespielt, in der wir die Songs selbst geschrieben haben. Aufgrund meines beruflich bedingten Umzugs habe ich damit aufhören müssen. Leider ist die Musik nur noch am Rande ein Thema. Die verfügbare Zeit ist eben begrenzt.
Als Ausgleich zum Berufsalltag bin ich irgendwann bei der Fotografie gelandet, die einige Jahre meine große Leidenschaft war. Heute ist sie eher Unterstützung und Urlaubsbeschäftigung.
Malen und Zeichnen habe ich erst spät für mich entdeckt. Ich kann also nicht von mir behaupten, mit einer künstlerischen Ader geboren worden zu sein oder immer schon gerne gemalt zu haben, wie man das sehr häufig hört. Ich hatte damals in 2010 massive gesundheitliche Probleme und nach einem Weg gesucht, irgendetwas Kreatives tun zu können, was trotz heftiger Schmerzen noch machbar ist. Das Interesse war geweckt, ich habe Spaß daran gefunden und bin einige Zeit mehr oder weniger intensiv dran geblieben. Zwischendurch blieb neben dem Berufsalltag meist doch wieder zu wenig Zeit dafür. Ein paar Jahre später gab es wieder eine gesundheitlich sehr herausfordernde Zeit, in der sich die Malerei als hilfreicher Ausgleich herausgestellt hat und seitdem bin ich dabei geblieben und habe eine Menge gelernt. Über die Malerei und durch die Malerei über mich selbst. Nicht unbedingt durch die Ergebnisse, sondern durch den Entstehungsprozess an sich. Die Malerei hat etwas sehr therapeutisches oder auch meditatives an sich, das ich mit Worten kaum beschreiben könnte. Mittlerweile nimmt das Malen einen sehr großen Teil meines Lebens ein und ich möchte es nicht mehr missen.
Ich liebe es, zwischendurch Neues auszuprobieren und finde auch viele andere Bereiche des kreativen Schaffens spannend (Holz, Beton, lufttrocknender Modelliermasse, Resin). Ich mache meine Dekorationen und Grußkarten gerne selbst, wenn die Zeit es zulässt.
Aber alles abseits der Malerei ist nur Hobby und Spielerei.
Was inspiriert dich?
Was mich inspiriert, kann ich schlecht an einzelnen Punkten festmachen. Das kann prinzipiell alles sein. Stimmungen, Emotionen, Ereignisse, Eindrücke in der Natur, Muster und Strukturen sowie kleine Details, die mir begegnen und die man vielleicht schnell übersieht, andere künstlerische Werke wie Bilder, Musik, Texte oder einfach nur das Bedürfnis zu malen an sich.
Gibt es bestimmte Künstler oder Stile, die dich beeinflussen?
Sicherlich wird man immer in irgendeiner Form von dem beeinflusst, was man konsumiert und was einen vielleicht besonders stark anspricht. Aber jemanden bestimmten, oder einen bestimmten Stil, der meine eigene Arbeit maßgeblich beeinflusst oder für meine Arbeit ein Vorbild oder eine Richtung wäre, in die ich mich ungefähr hin entwickeln wollen würde, könnte ich nicht konkret benennen. Ich hätte das Gefühl, dass es wirken könnte, als würde ich mich mit diesen Personen irgendwie vergleichen wollen oder mir anmaßen, mit diesen vergleichbar zu sein. Das stünde mir nicht zu.
Es gibt so viele großartige Kunstschaffende aller möglichen Genres da draußen. Wir leben glücklicherweise in einer Zeit, in der wir die Möglichkeit haben, eine nahezu unendliche Vielzahl von Werken unterschiedlichster Personen, mit unterschiedlichsten Hintergründen, aus der Vergangenheit oder der Gegenwart betrachten und bewundern zu können. Und dies quasi jederzeit. Jede Stilrichtung hat ihren eigenen Charakter und ihre eigene Schönheit, jede Künstlerin und jeder Künstler seine eigene Handschrift. Ich schaue gerne Kunstreportagen und lese Bücher über Kunst sowie Kunstgeschichte und der eine oder andere Bildband hat sich auch schon angesammelt. Aber ich entdecke immer wieder KünstlerInnen, die ich noch gar nicht kannte und deren Werke mich begeistern.
Wenn du mich fragen würdest, welche Größen der Kunst ich mir persönlich immer wieder besonders gerne anschaue und würdest einige Namen von mir hören wollen, dann könnte ich z.B. die Zeichnungen und Skizzen von Leonardo da Vinci nennen, die mich sehr faszinieren. Viele Werke von Georgia O’Keefe, Hilma af Klint, Wassily Kandinsky oder Yayoi Kusama gefallen mir sehr. Aber ich mag auch eher düster phantastisches sehr gern, wie zum Beispiel die Werke von H.R. Giger. Das wären so die wesentlichen, die mir spontan einfallen. Aber mir begegnen auch immer sehr viele großartige Kunstschaffende zum Beispiel in sozialen Netzwerken. Ich finde es immer wieder schön, mich dann auf den jeweiligen eigenen Webseiten umzuschauen und mehr über diese Menschen zu erfahren.
Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Welche Materialien und Werkzeuge verwendest du am liebsten und warum?
Manchmal habe ich einen relativ konkreten Plan, eine Idee oder ein grobes Konzept, dass ich umsetzen möchte. Meistens fange ich damit direkt auf der Leinwand oder auf dem Papier an. Ich versuche zunehmend, mir vorher kleine „Thumbnails“ zu erstellen, um hinsichtlich Komposition und Farbkombinationen vorher ein paar Alternativen durchzugehen. Das hat sich aber noch nicht wirklich etabliert.
Manchmal fange ich auch einfach an und es entwickelt sich etwas daraus. Das ist von Mal zu Mal anders.
Angefangen habe ich mit Acrylfarben und nutze diese immer noch überwiegend. Auch verschiedene Strukturmaterialien benutze ich ganz gerne. Das können Strukturpasten, Gips oder Gipsbinden, Sand, Papierstücke oder verschiedene Stoffe sein. Es gibt so vieles, was ich damit noch im Kopf habe und ausprobieren möchte.
In den letzten zwei oder drei Jahren habe ich mich nach langer Anlaufzeit mit Aquarellfarben angefreundet und nutze diese immer häufiger.
Ich bin ein großer Fan von Acryl-Tusche. Damit sind in letzter Zeit einige Arbeiten auf Papier entstanden, die man am ehesten als Meditation mit dem Pinsel bezeichnen könnte. Das macht mir zurzeit sehr viel Spaß.
Ansonsten zeichne und male ich auch gerne mit verschiedenen Finelinern, Tuschestiften, Kohle, Blei- oder Buntstiften. Aber das sind Dinge, die ich noch eher selten bis gar nicht zeige. Vielleicht ändert sich das irgendwann.
Was mir so gar nicht liegt, ist die Arbeit mit Pastellen. Ich habe es mehrfach probiert, damit werde ich einfach nicht warm.
Das Thema Ölfarben interessiert mich auch sehr. Da habe ich aber aktuell noch so meine Schwierigkeiten. Acrylfarben sind da für mich etwas komfortabler in der Handhabung. Ich versuche mich nebenbei auch in das Thema Landschaftsmalerei einzuarbeiten. Mein Ziel ist es, das eine oder andere schöne Urlaubsfoto malerisch so umzusetzen, dass ich damit zufrieden bin.
Was die Werkzeuge angeht, habe ich keinen direkten Favoriten. Auch hier probiere ich viel aus und neige dazu, irgendwelche Dinge aus Küche oder Baumarkt zweckzuentfremden, wenn ich meine, dass dies sich gut für Strukturen eignen könnten.
Worauf ich nicht verzichten könnte, ist der ganz ordinäre Fön. Einfach, weil ich sehr wenig Geduld habe, zu warten, bis eine Schicht getrocknet ist und ich endlich weiterarbeiten kann.
Gibt es ein bestimmtes Projekt oder Werk, das dir besonders viel bedeutet?
Die letzten Tuschezeichnungen, die ich gemacht habe, sind mir sehr wichtig geworden. Alles, was ich als Marks in Motion betitelt habe und die nachfolgenden ähnlich detaillierten Arbeiten. Einerseits aufgrund des Prozesses an sich, die vielen kleinen Formen in „mühsamer“ Kleinarbeit zusammenzustellen und bei dieser Detailarbeit wahnsinnig gut entspannen zu können, während ich eigentlich ziemlich schnell die Geduld verlieren müsste. Zum anderen ist das etwas, was man vielleicht nicht ganz so häufig sieht. Ob das nun in irgendeiner Form originell ist und überhaupt unter den Begriff Kunst fällt, möchte ich nicht beurteilen. Aber ich finde es sehr ansprechend.
Was war die größte Herausforderung, die du als Künstlerin bisher überwinden musstest?
Es gab bzw. gibt für mich zwei sehr große Herausforderungen. Die eine war es, meine Arbeiten überhaupt in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wer bin ich schon, meine Arbeiten zu zeigen oder sogar anzubieten - in einer Welt, in der es schon so viele wirklich großartige KünstlerInnen gibt? Wen interessiert das überhaupt und ist es gut genug? Anderen würde ich sagen, dass sie jedes Recht haben, ihre Arbeiten zu zeigen und dass es immer jemanden geben wird, der das wertschätzt. Also, warum sollte man es nicht tun?
Die zweite große Herausforderung sind die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen, die es zu erfüllen gilt, bevor man überhaupt damit beginnen kann, seine Arbeiten zu zeigen und anzubieten. Das ist ein ziemlich nervenaufreibendes, zeitintensives Feld mit vielen, vielen Fallstricken. Leider bleibt mir keine andere Wahl, als mich damit zu beschäftigen.
Wie wichtig ist dir die Verbindung und Interaktion mit anderen Künstler:innen und Kreativen?
Eigentlich bin ich eher ein sehr introvertierter Mensch und gerade die Malerei ermöglicht mir ein unabhängiges Arbeiten allein. Bis vor kurzem war ich lediglich als Konsumentin anderer Kreativer (Kurse, Videos, Bücher) unterwegs. Da sieht man natürlich nur das Ergebnis, das wie jedes andere Produkt auf eine bestimmte Art und Weise präsentiert wird. Den Menschen dahinter lernt man nicht kennen.
Ich hatte bisher auch nicht unbedingt das Bedürfnis irgendwelchen Arbeitsgruppen oder Vereinen in der Richtung beizutreten. Ich könnte mir vorstellen, dass z.B. Künstlervereine Autodidakten gegenüber per se nicht so besonders aufgeschlossen sind.
Seitdem ich meine Bilder öffentlich zeige, ändert sich meine Einstellung zunehmend. Man kommt mit anderen schon etwas eher ins Gespräch und tauscht sich hier und da vielleicht mal aus. Wobei ich oft das Gefühl habe, dass man entweder aus Vorbehalten Autodidakten gegenüber, Konkurrenzdenken oder auch aus allgemeiner Unfreundlichkeit schnell mal abgekanzelt wird.
Die Verbindung und Interaktion mit anderen ist aber tatsächlich wichtiger und wertvoller als ich bisher dachte. Manchmal hilft ein kurzes Gespräch und ein Austausch von Erfahrungen mehr als jedes Buch oder jeder Kurs.
Bestimmt gibt es viele Möglichkeiten, wie man sich mit anderen Kreativen vernetzen kann, aber wenn ich ein bisschen Werbung machen darf…
Die Kreativ-Community auf Skool hat meine Einstellung zu dem Thema nochmal sehr verändert. Ich war erst ein wenig skeptisch, habe aber dort in kürzester Zeit viele tolle, aufgeschlossene und freundliche kreative Menschen kennenlernen dürfen. Es ist großartig, sich mal auf einer ganz anderen Ebene über die verschiedensten Belange austauschen zu können. Auch, dass so viele verschiedene Branchen dort vertreten sind, finde ich sehr bereichernd. Kreative stehen oft vor sehr ähnlichen Herausforderungen. Und so ein Netzwerk hat bisher wirklich gefehlt. Es ist toll, einen Ort zu haben, an dem man ein Gemeinschaftsgefühl bekommt. Man kann sich über Erfahrungen austauschen, mal einen guten Rat bekommen oder auch mal völlig andere Sichtweisen zu verschiedenen Dingen kennenlernen und neue Impulse mitnehmen. Auch wenn alle einen unterschiedlichen Schwerpunkt haben und sich in den unterschiedlichsten Phasen ihrer Tätigkeit befinden, steht man nicht in Wettbewerb zueinander, sondern in einem Austausch auf Augenhöhe. Man ist keine Konkurrenz oder versucht sich gegenseitig irgendwas zu verkaufen. Es ist keine einseitige Art der Kommunikation. Kritik bekommt man, wenn man möchte. Aber nur konstruktiv, sachlich und empathisch, eben nicht auf „Social-Media-Niveau“. Man kann sich natürlich auch einfach so miteinander unterhalten oder sich von dem, was andere machen inspirieren lassen. Die Community wird sehr gut administriert. Irgendwelche Leute, die mal kurz wie in den sozialen Medien in die Kommentarspalten hineinstolpern, um ein bisschen herumzupöbeln, ihren Frust abzuladen oder sich mal nach Herzenslust daneben zu benehmen, hast du dort nicht. Die Kontakte, die man dort knüpft, wirken auch teils jetzt schon über die Community hinaus.
Was bedeutet Kunst für dich? Welche Rolle spielt sie in deinem Leben?
Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten, ohne, dass man vielleicht mit formalen Definitionen zu dem, was überhaupt als Kunst angesehen werden kann oder ab wann ein Mensch sich zu den Künstlern zählen darf, aneinander geraten können. Als Laie kann ich es mir da schön einfach machen und sagen, dass prinzipiell alles Kunst sein könnte, was vielleicht über die bloße Funktionalität und ganz direkten Information hinaus geht.
Kunst ist so vielfältig, wie die Menschen, die sie schaffen und die Menschen, die sie wahrnehmen sowie für sich interpretieren. Die wesentlichen Kunstbereiche, mit denen ich regelmäßig als Rezipient in Berührung komme, sind sicherlich Musik, Literatur, Filme, Malerei und Fotografie. Ein Leben ohne Musik, Bücher und Filme oder ohne Bilder, könnte ich mir nicht vorstellen. Insofern spielt Kunst für mich persönlich eine große Rolle. Kunst kann für mich ganz einfach ästhetisch sein, unterhalten oder zum Nachdenken anregen, sie kann Gefühle transportieren oder auslösen, sie kann Informationen auch auf mehreren Ebenen transportieren, die sich nicht direkt, sondern erst in der Auseinandersetzung mit dem Werk erschließen. Sie kann Kritik üben, provozieren, und vieles mehr. Und sie bietet mal mehr mal weniger Freiraum für eigene Interpretation.
Wenn ich auf der anderen Seite meine Malerei als Kunst und mich als Künstler bezeichnen dürfte, obwohl man da sicherlich drüber streiten könnte, spielt auch dies mittlerweile eine große Rolle in meinem Leben. Es ist für mich mehr als bloßer Zeitvertreib, es ist eine Möglichkeit mich auszudrücken, Gedanken und Eindrücke zu verarbeiten, Ideen zu verwirklichen und das ohne mich ganz explizit mit Worten erklären zu müssen. Vielleicht kann und möchte ich oft gar nicht direkt mit Worten ausdrücken, was ich mir bei einem bestimmten Bild gedacht habe. Ich finde es auch oft viel interessanter, was ein Betrachter darin sieht. Die Malerei bietet mir aber auch die Möglichkeit abzuschalten oder zu meditieren. Die Malerei ist mir die liebste Meditationstechnik, hatte ich in einem Online-Profil mal geschrieben. Das klingt zwar irgendwie total hochgestochen, aber es trifft schon den Kern des Ganzen.
Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Kunst in der Gesellschaft?
Welche Aufgaben haben Künstler:innen in der Gesellschaft?
Kunst war über alle Zeiten wichtig für den Menschen und wird es immer bleiben. Ob nun zu rein ästhetischen oder unterhaltenden Zwecken, als therapeutisches Element, als Mittel des persönlichen Ausdrucks oder auch darüber hinaus gehend mit einer beabsichtigten Wirkung nach außen. Einerseits spiegelt sie gesellschaftliche Themen ihrer jeweiligen Zeit wider. Andererseits kann Kunst die Gesellschaft beeinflussen, indem sie neue Impulse setzt, Missstände ins Bewusstsein ruft, oder in irgendeiner Form Kritik übt, um nur einige Beispiele zu nennen. Gerade in den letzten Fällen ist Kunst von besonderer Bedeutung, weil sie zu einer Auseinandersetzung, zum Nachdenken und Reflektieren und ggf. zum Handeln auffordert.
Zur zweiten Frage überlege ich tatsächlich, ob Kunstschaffende überhaupt zwingend einen solchen Auftrag haben müssten. Abgesehen vom grundsätzlichen Auftrag überhaupt tätig zu sein, den sie sich selbst auferlegt haben. Im akademischen Bereich würde man das vielleicht bejahen und daran vielleicht die Unterscheidung knüpfen, ob jemand wirklich zum Künstlerkreis gehört oder nicht.
In meinem Verständnis ist das eher davon abhängig, was man bezwecken möchte. Man wählt seine Aufgabe selbst. Möchte ich Kunst machen, weil ich das Bedürfnis danach habe, mich auszudrücken, setze aber damit keine weitergehenden Erwartungen an etwaige Betrachtenden, mache ich Kunst mit dem Ziel, diese an jemanden zu veräußern, dem sie gefällt oder mache ich vielleicht Kunst in der Absicht eine Wirkung auf den Betrachter zu entfalten und möchte im besten Fall - wie oben erwähnt - Einfluss auf die Gesellschaft nehmen. Das ist eine relativ große Bandbreite und ich halte alle Ausprägungen für legitim.
Gerade der letzte Aspekt ist aber sicher von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung, wie zur Rolle der Kunst beschrieben.
Welche Themen sind dir wichtig?
Gibt es ein Thema oder eine Botschaft, die du in deiner Kunst transportieren möchtest?
Mich persönlich treiben viele Themen um. Ich bin sehr grüblerisch veranlagt. Wir leben z.B. in einer Zeit, in der uns allen jede Menge objektiver Messdaten zur Verfügung stehen, diese aber nicht kollektiv nüchtern ausgewertet, sondern geprägt durch persönliche Meinungen und Agenden interpretiert werden, wie es gerade passt. Deshalb wird z.B. in Sachen Klimaschutz und Artenschutz zu wenig zielorientiert gehandelt. Wir finden tausend Gründe, um so viel wie möglich vom Status Quo zu erhalten oder noch mehr Profit zu generieren. Die Motive sind vielseitig. Währenddessen hoffen wir, dass die nächste absehbare Katastrophe nicht eintrifft oder wenn doch, dann bitte wenigstens nicht zu nah dran.
Von anderen gesellschaftlichen und politischen Themen möchte ich erst gar nicht anfangen. Aber es macht mir zunehmend Sorgen.
In Bezug auf meine Bilder bin ich aber noch lange nicht an dem Punkt, diese Art von Gedanken explizit in meine Arbeit einfließen zu lassen, eine Botschaft daran knüpfen zu wollen oder mir einen konkreten Auftrag zuzuschreiben.
Wenn ich es mit meinen aktuellen Bildern vielleicht schaffen könnte, kurzzeitig etwas ruhiges, meditatives oder entspannendes zu vermitteln, würde mich das schon sehr freuen.
Vielen Dank, Nadine, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten!
Ich möchte deine Geschichte hören
Waren Nadines Antworten für dich genauso inspirierend wie für mich?
Wenn du auch Lust hast, meine Fragen ebenfalls zu beantworten und dich von mir interviewen zu lassen, melde dich gerne bei mir!
Ich freue mich darauf, deine Geschichte zu hören.