Mai 15, 2022

Wie entstehen Idee und wie werden sie zum Leben erweckt? Was genau ist Kreativität überhaupt? 

Kennst du das auch? An manchen Tagen sprudele ich über vor Ideen, an anderen warte ich vergebens auf nur einen guten Einfall. Ist es da nicht beruhigen zu wissen, dass das Teil eines ganz normalen Prozesses ist? 

Kreativität ist komplex, manchmal chaotisch, oft widersprüchlich und ganz sicher kein fester Pfad, den man immer gleich beschreiten kann. Und doch gibt es eine Art Schema, Phasen der Kreativität, die nicht immer in gleicher Reihenfolge oder Intensität ablaufen, die ineinander verschränkt oder deren Übergänge gleitend sein können. Aber sie sind doch - mehr oder weniger - in jedem kreativen Prozess vorhanden.

Die Kunst des Denkens

Die Wissenschaft hat sich ausgiebig mit dem Thema Kreativität beschäftigt und beschreibt verschiedene Modell darüber, wie sie abläuft. Die Modelle unterscheiden sich in der Anzahl der Phasen, die sie beschreiben. Im Ablauf sind sie sich jedoch sehr ähnlich.

Das Modell, auf das ich mich hier beziehe, ist das bekannteste. Es wurde in den 1920er Jahren vom britische Psychologen Graham Wallas aufgestellt. Wallas hatte über viele Jahre Erfinder und kreative Menschen bei ihrer Arbeit beobachtet, dabei kristallisierten sich für ihn 4 Phasen heraus, die jeder kreative Vorgang enthielt. 1926 stellte er dieses Modell der Öffentlichkeit in seinem Buch The Art of Thought (Die Kunst des Denkens) vor.

Die 4 Phasen der Kreativität nach Wallas

Per Definition ist Kreativität die Fähigkeit, originelle, schöpferische und nützliche Ideen hervorzubringen. Die Kreativitäts-Stadien, wie Wallas sie beschreibt, müssen nicht zwingend linear verlaufen, auch die Länge und Wucht der einzelnen Phasen kann variieren.

Phase 1: Vorbereitung

Am Anfang dieser Phase stellt sich zunächst das Problem. Eine Idee entsteht, ein Gedanke setzt sich fest. Nun beginnen wir zu recherchieren, sammeln Material und Informationen, denken über Möglichkeiten nach, entwickeln zusätzliche Ideen usw. Oft wird in dieser Phase noch nicht bewertet, wir bündeln einfach alles, was vielleicht nützlich sein könnte.

Phase 2: Inkubation

In der Medizin ist die Inkubationszeit die Phase zwischen Ansteckung und Ausbruch einer Krankheit. In der Kreativität ist das ähnlich. Ein Gedanke, eine Idee hat uns infiziert und durchdringt uns, bis sie ausbricht.

Die gesammelten Informationen arbeiten in uns. Unbewusst fügen wir sie zusammen, verwerfen sie, verbinden sie mit unseren Erfahrungen. Nach außen hin passiert in dieser Phase nicht viel, das meiste spielt sich im Inneren ab. Häufig befassen wir uns sogar mit etwas völlig anderem. Und trotzdem kostet diese Phase unglaublich viel Energie.

Sie kann mit Selbstzweifeln verbunden, frustrierend sein, bis hin zu depressiven Verstimmungen. Falsche Ansätze müssen verworfen werden, manche Ideen erweisen sich als unbrauchbar oder nicht umsetzbar. Was systematisch klingt, ist oft ein chaotischer Zustand voll von Andeutungen und Ahnungen, Zweifeln und Gedanken, die sich nicht konkret formulieren. So kann der subjektive Eindruck entstehen, dass nichts klappen will, möglicherweise nie eine Lösung gefunden wird. Das kostet viel Kraft. Und doch fügt in der Zwischenzeit unser Vorbewusstes verschiedene Ideen, Einflüsse und Gedanken auf neue Art zusammen.

Phase 3: Illumination

Der Moment der Erleuchtung. Alles fügt sich plötzlich zusammen, manchmal wie aus dem Nichts. Die in den tieferen Schichten gewonnenen Erkenntnisse stoßen an die Oberfläche, werden uns bewusst. Heureka! 

Diese Zeit - manchmal nur ein Augenblick, manchmal Stunden, Tage oder Wochen andauernd - ist voller Freude, Erregung und Glücksgefühl.

Phase 4: Verifizierung

Nun beginnt die Umsetzung, der Zeitpunkt, in dem ich mich als Malerin meiner Staffelei, bzw. meinem Maltisch zuwende. Jetzt wird gearbeitet, experimentiert, beurteilt, weiterentwickelt, korrigiert, vervollkommnet...

Am Ende steht dann, mit ein bisschen Glück, das Kunstwerk. 

Ist Kreativität nur etwas für Künstler?

Die Phasen der Kreativität können während der Entstehung eines Kunstwerkes mehrfach durchlaufen werden. Und nicht nur dann. Im Grunde durchlaufen wir diese Phasen bei jeder Fragestellung, bei jeder Problemlösung. Kreativität ist ein Prozess der Problemlösung! Sie hilft uns, Wege neu zu denken, neue Ansätze zu sehen und nicht zuletzt ist sie gut für die mentale Gesundheit.

Wie ist das bei dir? Welche Phasen der Kreativität erlebst du als besonders intensiv? Erzähl mir davon.

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About the Author Lea Finke

Lea Finke ist Künstlerin mit ganzer Seele. In ihrem Blog erzählt sie von Inspiration, Leidenschaft und der Begegnung mit Kunst.

  • Liebe Lea, ein wundervoller Artikel über die Kreativität, die uns jeden Tag umgibt. Vielen dank! Es klingt banal und daraus “etwas zu machen” gerade für Künstler, ist der größte Teil der Reise. Mich erinnert es an den Spruch 1% inspiration, 99% transpiration. Ich habe mir gerade auch ein Buch bestellt, über das Gehirn und ihre Struktur und ihre Verarbeitung von Prozessen. Bin gespannt 😉

    • Oh, Lonni, das klingt spannend! Erzähl doch mal darüber, wenn du es gelesen hast. Ich freu mich übrigens sehr, dass dir der Artikel gefällt. Zu sehen, wie Dinge ablaufen, Strukturen und Mechanismen zu erkennen, finde ich sehr interessant.

  • Liebe Lea, ich habe mir den Prozess der Kreativität noch nie so überlegt. Ich gestaltet einfach vor allem mit digitalen Medien und lasse mich überraschen, was da entsteht. Tatsächlich taucht meine Inspiration dann zu allen möglichen Zeiten auf – im Theater, im Kino, mitten in der Nacht. Aber ich finde es toll, den Prozess auch mal intellektuell etwas zu unterlegen, wie Du das hier machst. Grosses Kompliment!

    • Vielen Dank, liebe Susanne. Ich freue mich über deinen Kommentar. Vorher hatte ich mir das auch nie so klargemacht. Aber in den Phasen, in denen ich den Eindruck habe “jetzt läuft gar nichts”, bin ich nun froh zu wissen, dass das zum Prozess gehört.

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