In dieser Woche beantwortet die Künstlerin Annett Wagner meine Fragen. Das freut mich besonders, denn dies ist schon unsere zweite Zusammenarbeit. Anfang des Jahres schrieb Annett einen Gastbeitrag über plastikfreie Acrylfarbe auf meinem Blog. Uns verbindet das gemeinsame Interesse an nachhaltiger Kunst.
Annett hat sich auf Upcycling-Kunst spezialisiert, wobei sie Materialien wie Altpapier und Sperrholz in wunderbare Kunstwerke verwandelt. Mit ihrer Kunst möchte sie ein Bewusstsein für den achtsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen schaffen und die transformative Kraft auch kleiner, nachhaltiger Handlungen verdeutlichen.
Vorstellung
Wie ist dein Name?
Annett Wagner
Wo lebst du?
Lübben (Spreewald)
Welche Art von Kunst/Kreativität machst du hauptsächlich? (Malerei, Skulptur, Fotografie, digitales Design, etc.)
Malerei
Hast du eine formale Ausbildung absolviert, oder bist du Autodidaktin?
Kunst habe ich nicht studiert, aber ich bin Dipl. Modedesignerin und wir hatten im Studium viele Seminare zu Gestaltungsgrundlagen wie Farblehre, Aktzeichnen, Darstellungstechniken
Wo kann man deine Arbeiten sehen? Hast du eine Website oder Social-Media-Profile, die du teilen möchtest?
Klar: Auf meiner Website oder auf Instagram
Du bist kreativ. Warum?
Wie bist du zur Kunst gekommen? Wo hat deine kreative Reise begonnen?
Wie bei Vielen hat meine kreative Reise in der Kindheit begonnen: Ich habe viel gemalt, eine große Phantasie gehabt und meine Eltern waren durch ihr handwerkliches Geschickt stets ein Vorbild
Während der Schulzeit und dem Studium war Kunst mal mehr, mal weniger in meinem Fokus. Seit 2010 bin ich selbstständig und habe hauptsächlich als Dozentin im Modedesignbereich gearbeitet.
2014 habe ich das erste Mal bei den Offenen Ateliers teilgenommen, um meine Kunstwerke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Seitdem habe ich mich stetig verbessert und weiterentwickelt. 2020 bin ich in meinen Heimatort zurückgezogen und nun hauptberuflich als freischaffende Künstlerin tätig.
Was inspiriert dich?
Für meine neue Stilrichtung lasse ich mich von Lost Places, an denen Natur und Architektur miteinander verschmelzen, inspirieren. Frühere Werke mit abstrakten Rostflächen waren ebenfalls von der Natur inspiriert, aber auf eine wesentlich subtilere Art durch Strukturen und den Prozess der Oxidation.
Gibt es bestimmte Künstler oder Stile, die dich beeinflussen?
Ich bin ein großer Fan der amerikanischen Künstlerin Noelle Phares Ihr Blick auf Landschaften und urbane Räume, die durch den Menschen mit geometrischen Gebilden zerschnitten werden, fasziniert mich seit Jahren.
Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Welche Materialien und Werkzeuge verwendest du am liebsten und warum?
Es geht alles mit einer Fotovorlage von einem Lost Place los, aktuell entsteht eine Serie zum Spreepark, einem (ehemals) verlassenen Freizeitpark in Berlin.
Ich fertige ein kleine Farb- und Helligkeitsstudie an und dann bereite ich mir eine Malfläche aus alten Visitenkarten vor. Auf diese Fläche zeichne ich mir das Motiv vor und lasse es durch Acrylfarben entstehen. Dabei arbeite ich mit sehr wenigen Farben und mische mir die Töne selbst an.
Letztlich muss die Basis-Platte vorbereitet werden, dabei handelt es sich meist um einen alten Regal-Einlegeboden oder ähnliches. Nach dem Anschliff und der farblichen Gestaltung der Platte wird geklebt und genagelt. Nach und nach übertrage ich die bemalten Visitenkarten so auf die Platte. Es entsteht eine Collage mit geometrischen Elementen, die bewusst als Störfaktoren der idyllischen Landschaftsszenen wahrgenommen werden sollen. Wer jetzt völlig verwirrt ist, schaut sich am besten bei Instagram ein Making Of Video an.
Gibt es ein bestimmtes Projekt oder Werk, das dir besonders viel bedeutet?
Mein erstes Lost Places Motiv. Ich habe meinen Stil von abstrakt zu gegenständlich geändert und musste meinen gesamten Prozess umstellen. Trotz vorheriger Überlegungen, wie ich das Motiv am besten umsetzen könnte, habe ich mich total verzettelt, manche Stellen 6 Mal übermalt. Es hat ewig gedauert, aber ich bin drangeblieben und habe mit bandagierten Fingern weiter gemalt. Ich habe viel aus den Fehlern im Prozess gelernt und das Zweite konnte ich infolgedessen wesentlich schneller umsetzen.
Was war die größte Herausforderung, die du als Künstlerin bisher überwinden musstest?
Ich möchte mit meinen Upcycling-Collagen zu mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung inspirieren, hatte aber das Gefühl dies mit meinen abstrakten Rost-Collagen nicht eindrücklich genug transportieren zu können. Diese Erkenntnis hat bereits ein Weilchen gedauert und dann musste durch einen längeren Prozess noch eine neue Stilrichtung gefunden werden.
Wie wichtig ist dir die Verbindung und Interaktion mit anderen Künstler:innen und Kreativen?
Für mich ist das eine wichtige Bereicherung, weil ich einen großen Teil meiner Arbeitszeit alleine in meinem Atelier verbringe. Durch den Austausch mit anderen kann ich das eigene Gedanken-Karussell auch mal verlassen. Außerdem bekommt man neue Impulse und einige Künstler-Kolleginnen konnte ich selbst schon zu dem ein oder anderen Schritt ermutigen.
Was bedeutet Kunst für dich? Welche Rolle spielt sie in deinem Leben?
Mich kreative Auszudrücken ist sehr wichtig, es wird mir immer wieder klar, wenn ich wegen anderer Projekte nicht regelmäßig zum Malen komme. Es ist für mich oft auch eine Gesprächsbrücke um anderen eine Möglichkeit zu geben an mich heranzukommen, denn eigentlich entziehe ich mich gern gewissen Situationen.
Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Kunst in der Gesellschaft?
Welche Aufgaben haben Künstler:innen in der Gesellschaft?
Künstler:innen sind seit jeher ein wichtiger Faktor für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft. Sie haben sich von reinen Handwerkern zu Vordenker entwickelt. Sie haben ein Medium um jegliche Themen und Interessen von uns Menschen in den Fokus zu bringen, den Blickwinkel darauf zu ändern und Emotionen zu erzeugen.
Welche Themen sind dir wichtig?
Gibt es ein Thema oder eine Botschaft, die du in deiner Kunst transportieren möchtest?
Ganz klar Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Durch meine Upcycling-Technik trete ich den physischen Beweis an, dass aus vermeintlichem Müll etwas Neues und Hochwertiges entstehen kann. Mein Wunsch ist es, den Skeptikern zu zeigen, wie unkompliziert Wandel sein kann.
Ich danke dir, Annett, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten.
Deine Chance: Werde Teil meiner Interviewreihe!
Hast du auch Lust, meine Fragen zu beantworten? Melde dich bei mir und lasse dich von mir interviewen.
Ich bin gespannt auf deine Geschichte!