Juni 19, 2024

"Erfolg ist nicht endgültig, Misserfolg ist nicht fatal: Es ist der Mut weiterzumachen, der zählt."

- Winston Churchill

Natürlich, niemand scheitert gern - aber wie würde es sich wohl anfühlen, etwas Neues anzugehen, in dem Bewusstsein, dass Scheitern ein notwendiger Teil der Erfahrung ist und nichts anderes bedeutet, als dass man in neues Terrain vordringt und dabei hilfreiche Informationen sammelt?

Der Kreativitätsforscher der Karlsruher Universität Prof. Dr. Stephan Sonnenburg sagt dazu: "Kreativität entfaltet sich nicht in der Komfortzone des Bekannten, sondern dort, wo das Bekannte auf das Unbekannte trifft".
Fehlversuche zwingen uns dazu, neu zu denken, die Perspektive zu wechseln. Nur so können wir lernen, ausgetretenen Pfade verlassen und etwas Neues, Aufregendes erschaffen.

Als Künstlerin ist es das Unvollkommene, das Verwundbare, das mich inspiriert.  
Perfekt ist vielleicht schön anzusehen, aber es ist nicht echt. Es sind die vermeintlichen Makel, die uns unverwechselbar machen. Brüche müssen nicht das Ende, sie können der Anfang von etwas Neuem sein.

Im Schaffensprozess verhält sich das nicht anders - kleine Fehler, Missgeschicke, Momente des Scheiterns – auch sie formen unsere Erfahrungen. Wie ein Fluss, der sich einen neuen Weg sucht, indem er Hindernisse umfließt. Darin liegt Schönheit, sogar Größe, nicht Schande.

Die Angst vor dem Scheitern

Warum also haben wir eine solche Angst vor dem Scheitern?
Ich erinnere mich noch, lang bevor ich freischaffend Künstlerin wurde, dass mich die Angst, mein Kunstmaterial zu verschwenden so sehr lähmte, dass ich überhaupt keine Kunst machte - als wäre das Material dadurch, dass es im Regal lag und einstaubte, nicht erst recht verschwendet gewesen.

Die Angst vor dem Scheitern ist eine der größten Hürden für unsere kreative Entfaltung. Sie wirkt lähmend, weil sie uns in einem Zustand der Unsicherheit und des Selbstzweifels hält. Anstatt mutig neue Ideen auszuprobieren und unsere Kreativität zu genießen, ziehen wir uns zurück - und bleiben in unserer Komfortzone. Das Ergebnis? Wir behindern uns selbst.

Beauty in the broken

Die Angst vor dem Scheitern hat tief verwurzelte Ursachen - es wird als Gefahr wahrgenommen, die es zu vermeiden gilt.

Ein einziger falscher Befehl eines römischen Feldherren im Teutoburger Wald, und schon sind die meuchelnden Germanen da.
Man muss höllisch aufpassen!

Im Berufsleben heute ist das oft nicht anders: Scheitern kann schwerwiegende Folgen haben. In der mitteleuropäischen Arbeitskultur erwarten Unternehmen und Arbeitgeber makellose Lebensläufe und betrachten Misserfolge als potenzielles Risiko. Ein Fehler kann zum Verlust des Ansehens, der Wahrnehmung als kompetenter Partner oder sogar des Jobs selbst führen und damit den Lebensstandard gefährden.

Das ist nicht in jeder Kultur so. Aber in vielen, die verfasst sind, wie die unsrige, wird Erfolg mit persönlichem Wert und gesellschaftlichem Status gleichgesetzt. Fehler und Misserfolge hingegen werden stigmatisiert und als Zeichen von Schwäche betrachtet. Von klein auf wird uns beigebracht, dass Fehler schlecht sind und vermieden werden müssen. Unsere Bildungssysteme legen großen Wert auf Noten und Prüfungen. Schüler werden dafür belohnt, keine Fehler zu machen, das führt zu einer Kultur des Perfektionismus. 

Das ist (war) vielleicht gut für das Überleben, aber nicht für die Kreativität.
Ein Künstler ist kein Soldat im Teutoburger Wald.

Unterschiedliche Perspektiven

Interessanterweise gibt es Unterschiede in der Art und Weise, wie Männer und Frauen mit der Angst vor dem Scheitern umgehen.
Studien zeigen, dass Frauen oft stärker davon betroffen sind und dazu neigen, vorsichtiger und perfektionistischer zu sein. Das hat mit gesellschaftlichen Erwartungen und Rollenzuweisungen zu tun.

In patriarchalischen Gesellschaften stehen Frauen unter Druck, keine Fehler zu machen. Sie müssen härter kämpfen und mehr leisten, um als gleichberechtigt wahrgenommen zu werden. Männer werden hingegen eher ermutigt, ambitionierte Risiken einzugehen, selbst wenn dies mit dem Risiko des Scheiterns verbunden ist.

Warum Scheitern wichtig ist

Scheitern - das Wort selbst klingt fast schon brutal. Und doch ist es ein unvermeidbarer Teil des kreativen Prozesses. Ohne den Mut und das Risiko fehlzugehen, gibt es kein Wachstum und keine Innovation. Jeder kreative Versuch beinhaltet das Potenzial, nicht so zu enden, wie von uns vorgestellt. 

"Kreativität birgt auch die Lust am Risiko"

- Stefan Finke

Misserfolge sind wertvolle Lerngelegenheiten. Sie zwingen uns, kritisch zu reflektieren und unsere Methoden und Ansätze zu überdenken. Wir beginnen zu verstehen, was funktioniert und was nicht. Dieser Prozess des kontinuierlichen Lernens und Anpassens ist entscheidend für kreativen Fortschritt, persönliche Entwicklung - und übrigens auch für die Wissenschaft, wir falsifizieren uns schrittweise weiter.

Berühmte Frauen und Männer zum Thema Scheitern

Samuel Beckett

irischer Schriftsteller

"Versucht. Gescheitert. Macht nichts. Versuche erneut. Scheitere erneut. Scheitere besser."

J.K. Rowling

Britische Schriftstellerin

"Es ist unmöglich zu leben, ohne zu scheitern, es sei denn, man lebt so vorsichtig, dass man auch gar nicht leben könnte - dann scheitert man von vornherein."

Robert F. Kennedy

US-amerikanischer Politiker

Nur wer es wagt, grandios zu scheitern, kann auch Grandioses erreichen.

Selbstakzeptanz als Basis für kreative Freiheit

Kreativität ist also mehr - so viel mehr! - als eine angenehme Freizeitbeschäftigung. Sie ermöglicht uns, die uns umgebende Realität - und uns selbst - auf eine Weise zu erkunden und auszudrücken, die wahrhaftig und bedeutungsvoll ist.
Es erfordert allerdings Mut, die eigene Stimme zu entwickeln. Die Belohnung für den Mut zu scheitern ist, dass das Kunstwerke gelingenden Falls eine emotionale Tiefe und Wahrheit in sich trägt, die unmittelbar zu spüren ist, sei es als Erkenntnis, sei es als ästhetischer oder emotionaler Effekt.

Daher sollten wir uns nicht aufhalten lassen, weder durch die Kritik anderer, noch durch unseren eigenen Perfektionismus. Voraussetzung ist: Selbstakzeptanz - die Fähigkeit, uns selbst mit all unseren Stärken, aber auch Möglichkeiten zum Scheitern anzunehmen.
Selbstakzeptanz ist die zentrale Voraussetzung für kreative Freiheit.

Scheitern mit Stil

Lass dich nicht lähmen. Diese Tipps können dir helfen.

  1. Gib dir die Erlaubnis, Fehler zu machen
    Sieh Fehler nicht als persönliche Misserfolge, sondern als Lernmöglichkeiten. Erteile dir selbst die Erlaubnis, auch Fehler zu machen. Wenn es dir hilft, halte sie ruhig schriftlich fest. Gestalte deine Erlaubnis schön und hänge sie über deinen Arbeitsplatz auf.
  2. Fokus auf den Prozess
    Fixiere dich nicht auf das Endergebnis. Genieße den kreativen Prozess und erkenne den Wert des Schaffens an sich. Sei offen und experimentierfreudig, dies führt gern zu innovativeren und originelleren Werken.
  3. Positives Selbstgespräch
    Achte auf dein inneres Selbstgespräch. Sei geduldig und gnädig mit dir. Ersetze negative und kritische Gedanken durch positive und unterstützende Aussagen. Feuere dich selbst ruhig mal ein bisschen an. Sorge gut für dich und achte auf deine Bedürfnisse. 
  4. Analysiere deine Fehlschläge
    Waren sie notwendig, lehrreich, wertvoll und haben dich in irgendeiner Weise weiter gebracht? Vielleicht waren sie das auch nicht, vielleicht haben sie dich nur Geld und/oder Zeit gekostet und waren ansonsten nutzlos. Warum? Lerne aus deinen Fehlern!
  5. Kultiviere ein unterstützendes Umfeld
    Umgib dich mit Menschen, die deine Kreativität fördern und dich ermutigen. 
  6. Nimm deine Fehler mit Humor
    Der Eishersteller Ben & Jerrys hält auf seinem Firmengelände in Vermont einen Ehrenplatz für gescheiterte Eissorten bereit. Sie werden mit allen Ehren inklusive Grabstein auf dem Geschmacksfriedhof beerdigt.
    So geht es auch!
    Warum nicht die Idee feiern, statt den Fehlschlag zu betrauern?

Fehler als Sprungbrett

In einer Welt, die Perfektion und Erfolg glorifiziert, kann man den wahren Wert des Scheiterns leicht vergessen. Doch gerade in der Kreativität ist das Experimentieren, das Wagen von neuen Ideen und das Akzeptieren von Fehlern der Schlüssel zum Fortschritt. Wenn wir uns erlauben, Fehler zu machen, öffnen wir uns für ungeahnte Möglichkeiten.

Wie gehst du mit Misserfolgen um? Hast du Tipps? Teile deine Gedanken und Erfahrungen in den Kommentaren! 

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About the Author Lea Finke

Lea Finke ist Künstlerin mit ganzer Seele. In ihrem Blog erzählt sie von Inspiration, Leidenschaft und der Begegnung mit Kunst.

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